In jeder Krise gibt es eine Chance

Interview mit OB Paul Metzger zu den Aussichten für das Jahr 2004:

Bretten, (gm) Das neue Jahr hält für die Stadt Bretten einige große Aufgaben und damit verbundene Ereignisse bereit. Die Brettener Woche sprach mit Oberbürgermeister Paul Metzger über Vordringliches, Erfreuliches und weniger Erfreuliches und über vielleicht schon vorhandene Planungen und Vorbereitungen. 2004 wird, das hat sich abgezeichnet, finanziell ein schwieriges Jahr werden. Damit ist die Haushaltskonsolidierung die vordringlichste Aufgabe?

Haushaltskonsolidierung ist nicht nur vordringliche Aufgabe in Bretten, sondern bei allen Städten und Gemeinden, bei den Ländern und im Bund. Doch dazu brauchen wir verlässliche Finanzdaten. Bretten ist durch seine gute wirtschaftliche Entwicklung in den letzten Jahren dadurch besonders eingebunden, dass über den Finanzausgleich immer mehr Gelder aus der Stadtkasse an Bund, Land und Kreis abfließen. Wenn das so bleibt, wird es uns kaum möglich sein, die Probleme im Verwaltungshaushalt zu lösen.

Wird es schwierig sein, den Bürgerinnen deutlich zu machen, dass Abstriche hingenommen werden müssen?

Die Bürger haben die Grunderwartung, dass bisher Selbstverständliches auch künftig gewährleistet bleibt. Dies ist nachvollziehbar. Trotzdem müssen überall dort, wo die Stadt allein entscheiden kann, Abstriche hingenommen werden, wobei damit allerdings kaum das Defizit im Verwaltungshaushalt auszugleichen ist. Auf dem Prüfstand stehen sämtliche Freiwilligkeitsleistungen zum Beispiel für Vereine und für Einrichtungen wie die Jugendmusikschule. Wir müssen aber aufgrund der negativen Steuerschätzungen im Bund auch über Gebührenhöhen, Reduzierung der Straßenbeleuchtung oder über die Unterhaltung von Straßen und städtischen Gebäuden nachdenken. Die Bürger werden sowohl höhere finanzielle Belastungen als auch geringere Fördermittel genauso negativ aufnehmen wie Einsparungen zum Beispiel auch bei der Stadtreinigung. Es wird nicht einfach sein, dies zu vermitteln.

Wie geht man bei der schmalen Kasse die Ereignisse an, die 2004 ins Haus stehen. Zum Beispiel das Stadtjubiläum?

Wir haben 2004 nicht nur an 750 Jahre Stadtrechtsverleihung zu erinnern, sondern feiern mit der Vereinigung Alt Brettheim auch 500 Jahre Peter- und Paul-Fest. Die Stadtrechtsfeier wird wenig aufwendig sein, bei den Kosten des Peter- und- Paul-Festes ist die Stadt zum Glück nur Partner von Alt Brettheim.

Was kann man weiter umsetzen oder neu angehen – oder gilt es nur auf den Mangel zu reagieren?

Die Probleme des städtischen Haushalts liegen im Verwaltungshaushalt. Ein Ausgleich wird auch bei Realisierung aller denkbaren Sparmaßnahmen oder Gebühren- und Steuerererhöhungen nicht möglich werden. Wir haben die gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen, auch wenn die Finanzzuweisungen dazu nicht in notwendiger Höhe zur Verfügung gestellt werden. Dazu drei Beispiele: 1992 hat Bretten jährlich für den ÖPNV 15.000 Euro, für Kindergärten, 350.000 Büro und für die Kreisumlage 2,5 Millionen Euro ausgegeben. Heute sind es beim ÖPNV rund eine Million Euro und bei den Kindergärten rund 1,9 Millionen Euro Nettobelastung. An den Landkreis sind 6,75 Millionen Euro zu bezahlen. Die Tendenz ist eindeutig. Bretten und alle anderen Kommunen müssen mit weiteren Kostenerhöhungen in Zukunft rechnen. Dazu zählen natürlich auch Schulsozialarbeit, Ganztagesschulen und vieles andere mehr. Mit Wachstum allein wird dies nicht auszugleichen sein. Die Frage muss deshalb von der Politik gelöst werden. Wieviel kann sich der Staat leisten ? Weniger problematisch ist der Vermögenshaushalt. Dort sollen auch 2004 die begonnenen Maßnahmen weitergeführt und zuschussbewilligte Maßnahmen gestartet werden, ein Beispiel ist die zu 70 Prozent geförderte Unterführung der zweiten Zufahrt zum Krankenhaus. Es werden darüber hinaus im Rahmen der Sanierung Pforzheimer Straße die weiteren Voraussetzungen dafür geschaffen, diesen Bereich urbaner zu gestalten. Insofern wird die Stadt auch 2004 mit ihren Maßnahmen konjunkturell die Bauwirtschaft fördern und dort Arbeitsplätze sichern. Sie wird versuchen, sich durch die Veräußerung des in den letzten Jahren erworbenen Grundvermögens sich dafür finanziell in die Lage zu versetzen.

Trotzdem ein optimistischer oder doch ein pessimistisch gestimmter Ausblick auf 2004?

Es gibt einen wesentlichen Kernsatz in meiner persönlichen Grundeinstellung: In jeder Krise gibt es auch eine Chance. Insofern gehe ich trotz schwieriger Rahmenbedingungen optimistisch in das neue Jahr. Die Devise heißt: Nicht jammern, sondern anpacken.

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