Interview mit der Initiative Rüdtwald :

Wir sind für sachliche Diskussion und ein Ergebnis mit der Stadt
Otto Mansdörfer und Gerhard Dittes von der Rüdtwald-Initiative zur anstehenden Grundsatzentscheidung des Gemeinderats«

Ihren großen Auftritt mit Demonstration und Kundgebung hatte die Initiative Rüdtwald vergangenen Dienstag. Nächsten Dienstag wird sich bei der Gemeinderatsabstim-mung über die Erweiterung des Industriegebiets in den Rüdtwald zeigen, ob sie damit auf die Kommunalpolitik Einfluss nehmen konnte. Mit Otto Mansdörfer und Gerhard Dittes von der Initiative Rüdtwald sprach unser Redaktionsmitglied Rudolf Baier.

BNN: Der Wald werde für die Schaffung von Arbeitsplätzen nicht gebraucht, man solle eine interkommunale Lösung anstreben, argumentiert die Initiative. Reicht das alleine zur An- und Umsiedlung von Betrieben aus?

    Mansdörfer: Was die Stadt jetzt anstrebt, steht auch nicht gleich morgen zur Verfügung. Wenn man die Zeit, die ohnehin einkalkuliert ist, dafür aufwendete, mit unseren Nachbargemeinden wirklich ernsthaft ins Gespräch zu kommen, gehe ich davon aus, dass eine Lösung auch interkommunal zu Stande kommen kann. In Flehingen stehen von den vorgesehenen 40 Hektar zwei Drittel leer. Eine ganz schnelle Lösung wäre, wenn die Stadt dort einstiege.

BNN: Für das aktuelle Problem Deuerer scheint Flehingen aber nicht geeignet zu sein?

    • Mansdörfer: Da hatte ich eine andere Erwartung: Unidek wurde von einer Konkurrenzfirma übernommen, dort sind jetzt Doppelstrukturen vorhanden. Die werden möglicherweise abgebaut. Wenn dadurch Unidek geschlossen würde, hätten wir eine Riesenfläche für Deuerer.

Dittes: Dies würde auch den Flächenverbrauch reduzieren, wie es viele Appelle übergeordneter Institutionen immer wieder dringend empfehlen.

BNN: Bei einer interkommunalen Lösung müsste Bretten seine Gewerbesteuereinnahmen mit anderen teilen. Nähmen Sie diese Konsequenz in Kauf, um den Rüdtwald zu erhalten?

    Mansdörfer: Wer bei einer interkommunalen Lösung wie viel Gewerbesteuer bekommt und welchen Anteil an den Aufwendungen leisten muss, das ist Frage von Verhandlungen. Sicherlich wären das keine einfachen Verhandlungen, aber man muss einmal durch. Dass so etwas funktioniert, haben die Verhandlungen zur Stadtbahnfinanzierung gezeigt. Bei den vier östlichen Nachbargemeinden ist der Wille zur Einigung offenbar vorhanden. Bei der Stadt Bretten fehlt die Konkretisierung zur interkommunalen Zusammenarbeit bisher völlig. Eigene Verhandlungspositionen sind noch nicht entwickelt worden.

BNN: Glauben Sie, dass Trillerpeifen, Zwischenrufe und personliche Angriffe von manchen Teilnehmern der Demonstration und der Bürgerversammlung Ihrer Sache dienlich waren?

    Mansdörfer: Niemand kann steuern, wie die Menschen, die ein politisches Anliegen unterstutzen, im Einzelfall reagieren. Die Initiative hat die Diskussion sehr sachlich angefangen. Unser erster Schritt war das Positionspapier zur interkommunalen Zusammenarbeit, denn wer gegen die Schaffung von Arbeitsplätzen angeht, der hat von vornherein verloren. Dass Einzelne die Dinge sehr verkürzt sehen, darauf haben wir keinen Einfluss. Die Initiative hat so etwas nie angestachelt. Wir sind für die sachliche Diskussion, wir wollen am Ende ein Ergebnis haben. Wir können dieses Ergebnis nur mit der Stadt haben und nicht gegen sie. Das wird auf dem politischen Feld mit Sachargumenten ausgetragen.

BNN: Die als Ersatz für die 40 Hektar Rüdtwald aufzuforstende Fläche muss deutlich größer sein. Ware das langfristig nicht ein Gewinn für Natur und Mensch?

    Dittes: Langfristig bedeutet in diesem Fall mindestens fünf Generationen, also 150 Jahre. Wenn ich einen so wertvollen Wald abholze mit seinen in Jahrhunderten gewachsenen ökologischen Strukturen, kann ich ihn im Zeitalter eines Menschen niemals ersetzen. In der Zeit, in der der neue Wald heranwächst, fehlt uns und unseren Kindern dieses Stück Natur. Die Pflanzen- und Tierwelt im Rüdtwald ist besonders wertvoll. Es gibt dort Arten wie etwa den Springfrosch und Orchideen, die einschließlich ihres Lebensraumes streng geschützt sind. Der Rüdtwald wird in der Umweltverträglichkeitsstudie mit der Stufe sieben auf der neunstufigen Skala bewertet. Er ist also ökologisch besonders wertvoll und deshalb auch in vielen Jahrzehnten nicht auszugleichen.

BNN: Wie geht es für Sie weiter, wenn der Gemeinderat, wie es sich andeutet, am Dienstag mit seiner Mehrheit für die Ausweitung des Industriegebiets in den Rüdtwald stimmt?

    Mansdörfer: Voraussichtlich wird er das tun. Allerdings ist das zunächst einmal ein Selbstbindungsbeschluss. Wenn man die Brettener Kommunalpolitik über die Jahre verfolgt, findet man immer wieder Selbstbindungsbeschlüsse, die auch wieder aufgehoben wurden. Insofern bin ich überhaupt nicht pessimistisch. Im Gegenteil, unsere Arbeit zeigt schon Erfolge: Im ersten Punkt des Beschlussantrags der Verwaltung geht es um die interkommunale Zusammenarbeit. Der Begriff Wirtschaftsförderungsgesellschaft, den wir in die Diskussion eingebracht haben, steht da jetzt schon drin. Ich bin sicher, dass wir weiter in dieser Richtung vorankommen werden. Wir werden aber auch deutlich machen, welchen Wert der Wald hat, dass wir auf keinen Fall darauf verzichten können. Wir werden verlangen, dass die Industrieansiedlung auf eine breitere Basis gestellt werden muss und werden auch nach gangbaren rechtlichen Konstruktionen einer interkommunalen Zusammenarbeit suchen.

BNN: Werden Sie auch Ihre Aktionen in der Öffentlichkeit fortsetzen?

    Mansdörfer: Wir werden die Unterschriftenaktion weiterführen, bei der bisher schon mehr als l 000 unterzeichnet haben. Wir arbeiten auch darauf hin, dass es zu einem Bürgerentscheid kommt. Rechtlich werden wir prüfen, ob die Beschlüsse des Gemeinderats über einen Bürgerentscheid anzugreifen sind. Und wir werden unser Anliegen weiter unters Volk bringen, auch in die Stadtteile und in die Nachbargemeinden gehen.

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