Alle freiwilligen Leistungen kommen auf den Prüfstand

Im Brettener Haushalt fehlen nächstes Jahr voraussichtlich viereinhalb Millionen Euro
Einsparungen und Grundstücksverkäufe sollen für Etatausgleich sorgen / OB fordert Gemeindefinanzreform
Von unserem Redaktionsmitglied Michael Hölle

Bretten. Höhere Kindergartenbeiträge, Schließen des Jugendhauses, Streichen der Vereinszuschüsse – das könnte schon bald Wirklichkeit werden. „Im städtischen Haushalt fehlen nächstes Jahr viereinhalb Millionen Euro“, sagt Oberbürgermeister Paul Metzger. Komme die Gemeindefinanzreform in ihrer jetzigen Form, steige der Fehlbetrag um eine weitere Million Euro. Aber das Ende der Talsohle soll damit noch nicht erreicht sein. „Die Finanzsituation wird 2005 noch schlechter. Erst dann geht es wieder aufwärts“, ergänzt Bürgermeister und Stadtkämmerer Willi Leon-hardt. Keine angenehme Situation für die Gemeinderäte, wenn sie in ihrer nächsten Sitzung am kommenden Dienstag über die Eckwerte des Haushalts 2004 diskutieren.

Allerdings sei in der Hochrechnung bereits die Zuführungsrate zum Vermögenshaushalt eingerechnet, stellt Leonhardt klar. „Zum Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben fehlen damit effektiv drei Millionen Euro“, führt er weiter aus. Gegenüber diesem Jahr steigen die Kosten um runde 900 000 Euro. Zwei dicke Brocken tragen dazu bei: höhere Energiekosten und Gehälter. Zudem fallen die Finanzzuweisungen von Bund und Land um eine Million Euro geringer aus. „Bei einer schlechten Wirtschaftslage gibt es auch weniger zu verteilen“, erklärt Metzger.

Dennoch gebe es auch ermutigende Zeichen. Der Oberbürgermeister verweist dabei auf die größte städtische Einnahmequelle, die Gewerbesteuer. Im laufenden Haushalt sind neuneinhalb Millionen Euro eingeplant, 12,5 Millionen Euro werden es wohl werden. Geld allerdings, das benötigt wird, um das Defizit des vergangenen Jahres auszugleichen. Gleichzeitig macht der Bund die Hand weiter auf. Sein Anteil erhöht sich um 14 Punkte. Für Bretten bedeutet das: 850 000 Euro weniger in der Kasse. „Damit steigt der Hebesatz des Bundes auf 118 Punkte, vor zehn Jahren lag er noch bei 67″, macht Metzger deutlich.

Aber alles Lamentieren hilft nichts, die Lü-cke muss irgendwie geschlossen werden. „Alle freiwilligen Leistungen kommen auf den Prüfstand“, betont das Stadtoberhaupt. Das Schließen öffentlicher Einrichtungen klammert er dabei nicht aus. Die Gebäude- und Straßenunterhaltung müsse dann wohl auch zurückgefahren werden. „Das geht an die Substanz“, macht er sich nichts vor. Aber: Das Drehen an der Ausgabenschraube reiche nicht aus, um die Haushaltslücke zu schließen. „Höchstens 40 Prozent bringt das“, prophezeit er.

Der Rest werde über den Vermögenshaushalt zu finanzieren sein. Mit anderen Worten: Der Verkauf von Grundstücken für Wohnungs- und Gewerbebau soll für eine schwarze Null sorgen. „So war das eigentlich nicht gedacht, als die Stadt Grund und Boden auf Vorrat gekauft hat“, berichtet Metzger. Eigentlich seien die Verkaufserlöse zur Schuldentilgung vorgesehen gewesen.

Einen Ausweg aus diesem Dilemma sieht Metzger in einer wirklichen Gemeindefinanzreform: „Der Bund muss seinen Anspruch an der Gewerbesteuer senken, und zwar deutlich.“ Damit bleibe mehr im Stadtsäckel und der Wettbewerb zwischen den Gemeinden werde gefördert. Denn: Nach allen möglichen Formen der Umverteilung und der Finanzausgleiche blieben Bretten derzeit nur 20 Prozent der ursprünglichen Gewerbesteuersumme, ergänzt Leonhardt. Vom Vorschlag des Städtetages, die Gewerbesteuerpflicht auch auf Ärzte, Anwälte oder Architekten auszuweiten, hält Metzger hingegen nichts. „Der einzige Effekt dabei ist ein Zuwachs an Bürokratie“, ist er sich sicher. Zudem fordert er einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer.

Den Vorwurf, damit würden die Defizite nur dem Bund zugeschoben, sieht er gelassen: „Die großen Belastungen der Gemeinden resultieren doch aus Entscheidungen des Bundes, man denke nur an den gesetzlichen Anspruch auf einen Kindergartenplatz. Müsste der Bund seine Beschlüsse auch selbst bezahlen, gäbe es viel weniger Gesetze und damit auch viel weniger Ausgaben.“

Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :

Print Friendly, PDF & Email
Dieser Beitrag wurde unter Finanzen, Wirtschaft abgelegt und mit , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert