Fürs Darlehen hafteten Gemeinderäte persönlich

Vor 150 Jahren musste sich Oberderdingen Geld leihen, um Staatsabgaben zahlen zu können

Oberderdingen. 1262 Gulden sollte die Gemeinde im Januar 1853 an Staatsabgaben zahlen. Es war aber kein Geld in der Gemeindekasse, der Gemeinderat ging das „Ausstandsregister“ Posten für Posten durch, stellte dann resignierend fest, „dass sich darunter viele Schuldner befinden, von denen schwerlich etwas zu bekommen sein wird.“

Allenfalls könnten bei äußerster Strenge ein paar hundert Gulden beigetrieben werden, der Schultheiß solle dies auch tun. Der Gemeinderat schlug vor, durch ein Darlehen, aufzunehmen beim Knittlinger Kaminfeger Dannecker, eine Abschlagszahlung zu leisten, den Rest solle die Oberamtskasse stunden. Damit war der Fiskus aber nicht einverstanden, er drängte auf vollständigen Abtrag der Schuldigkeit. Das königliche Oberamt vermittelte daraufhin ein Hypothekendarlehen von 800 Gulden aus der Mandelslohischen Familienstiftung zu vier Prozent Zins. Allerdings verlangte diese „doppelte Sicherheit“, also die Verpfändung von Gemeindegrundstücken im Werte von 1600 Gulden, was den Derdinger Gemeinderat empörte. Lieber zahle die Gemeinde fünf Prozent Zinsen für ein Schuldscheindarlehen. Im Übrigen machte der Gemeinderat den Schultheißen dafür haftbar, wenn Ausstände bestünden. Er verwahrte sich gegen jede Verantwortung.

Aber auch damit kam kein Geld in die Gemeindekasse. Ein Nachsetzen bei der Mandelslohischen Stiftung ergab, dass dort die 800 Gulden zu fünf Prozent auf Schuldschein zu bekommen waren, allerdings mussten dann dazu noch die „bürgerlichen Kollegien“ haften. So waren Gemeinderat und Schultheiß wieder beisammen. Um fünf Prozent Zins wurden die 800 Gulden aufgenommen, für welche jetzt der einzelne Gemeinderat mithaftete, der Rest aus den laufenden Holzerlösen aus dem Gemeidewald bezahlt. Der Staat bekam sein Geld.

Derdingen hatte seinerzeit rund 1750 Einwohner, war weder reicher noch ärmer als seine Nachbarn. Aber die Zeiten waren schlecht vor 150 Jahren, der Herbst 1851 war „sehr gering, wenig und auch nicht gut“, auch jener von 1852 fiel „wieder klein aus“. Da war das Geld nicht nur bei der Gemeinde, sondern auch bei der Bürgerschaft rar. ger

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Eine Antwort zu Fürs Darlehen hafteten Gemeinderäte persönlich

  1. -fc- sagt:

    „Um fünf Prozent Zins wurden die 800 Gulden aufgenommen, für welche jetzt der einzelne Gemeinderat mithaftete,…“

    Und warum soll das mit Euro nicht gehen?
    Wenn in Bretten so etwas rechtzeitig passiert wäre, dann hätte Bretten heute mit Sicherheit keine Schulden!

    Und wenn die GESAMTEN Schulden weniger als 130 Millionen Euro betragen, dann soll die Stadt mal die ehrlichen Zahlen auf den Tisch legen. Außerdem wird noch eine Aufstellung der Bürgschaften benötigt.

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