Runter von der Autobahn, rauf auf die Bundesstraße

Die Maut könnte noch mehr Verkehr nach Bretten spülen
Kosten sparen oder Zeit gewinnen – was ist wichtiger?
Von unserer Mitarbeiterin Katja Plietzsch

Bretten. Am 2. November kommt sie. Die Maut auf Deutschlands Autobahnen. Doch eine Befürchtung steht im Raum: Werden Lkw-Fahrer versuchen die Maut zu umgehen und auf Bundesstraßen ausweichen? Der ADAC Nordbaden macht auf dieses Problem aufmerksam. „Eigentlich steht der ADAC der Maut positiv gegenüber. So können die Kosten für Bau und Unterhaltung der Straßen, die so genannten Wegekosten, gerechter auf die Verkehrsteilnehmer verteilt werden“, sagt Verkehrsreferent Horst Kretschmer. Er befürchtet jedoch, dass die Lkw-Fahrer Mautstrecken meiden werden und auf Bundes- und Landesstraßen im Umkreis von Autobahnen ausweichen werden. „Bei Bretten würde das mit Sicherheit die B 35 und’die B 294 betreffen, denn Lkw-Fahrer können so die Autobahn zwischen Pforzheim und Bruchsal umgehen“, vermutet Kretschmer.

Auch Brettens Oberbürgermeister Paul Metzger sieht nicht alles so rosig: „Die B 294 ist schon jetzt stark befahren. Dies hat unsere jüngste Verkehrszählung bestätigt. Wir werden in Bretten einen riesen Stau bekommen, wenn die Lkw-Fahrer über die B 294 abkürzen. Denn wir haben in der Stadt jede Menge Ampeln, die ein zügiges Durchfahren verhindern.“ Eine Süd-West-Umgehung, die dieses Problem lösen soll, wurde von der Stadt Bretten zwar beantragt, jedoch gibt es auf absehbare Zeit kein Geld dafür. Doch Paul Metzger hat nicht nur Kritik für die Maut übrig: „Im Grunde ist sie eine gute Sache, aber das Geld muss an der richtigen Stelle verwendet werden, also im Straßenbau.“ Dies haben Bund und Länder auch versprochen, doch sicher ist man sich nicht, dass das Geld nicht vielleicht doch an anderen Stellen ausgegeben wird.

Auch, ob die Lastwagenfahrer auf Bundesstraßen ausweichen werden, steht noch in den Sternen. „Das bleibt den Speditionen überlassen“, erklärt Harald Sommer, Logistikleiter der Firma Neff in Bretten. Dadurch, dass das Werk in Bretten deutschlandweit ausliefere, bestehe für die Speditionen Zeitdruck. Kilometer und Zeit würden da gegeneinander aufgerechnet. „Manche Firmen zahlen den Speditionen einen Teil der Kosten, was diese womöglich auch vom Ausweichen abhält. Doch dieser Kompromiss ist eigentlich nicht die Regel“, so Sommer weiter. „Außerdem bezweifle ich, dass der Plan der Bundesregierung, mehr Güter auf die Schiene zu bringen, aufgeht.“

Auch Ute Hannich von der gleichnamigen Möbeltransport-Spedition steht der Maut kritisch gegenüber. Sie selber weiß, wie stressig es sein kann, einen Zeitplan genau einzuhalten. Und sie weiß auch, dass sich das Ausweichen auf Bundesstraßen zeitlich nicht lohnt. Doch wegen weniger Kilometer werden Speditionen höchst wahrscheinlich keine Maut auf sich nehmen. Die große Frage bei der Maut sei nämlich, ob der Kunde bereit ist, höhere Transport-kosten in Kauf zu nehmen. Viele Spediteure halten die ganze Organisation der Maut zudem für ziemlich chaotisch. Und die Maut bedeute in einer wirtschaftlich schwierigen Situation eine zusätzliche Belastung.

Haben Bund und Länder doch nicht so sorgfältig geplant? Tatsächlich werden beide von vielen Seiten aus kritisiert. Selbst vom Umwelt- und Verkehrsministerium in Stuttgart. Prinzipiell hält das Ministerium die Maut für richtig, doch es sieht ebenfalls die Gefahr, dass Lkws auf Bundesstraßen ausweichen könnten. „Eine Art Notfallplan haben wir dafür nicht“, erklärt ein Mitarbeiter des Ministeriums. „Wir werden allerdings eine Verkehrszählung vor und nach Einführung der Maut durchführen und diese Zahlen vergleichen.

Wird dabei ein enorm hoher Anstieg auf Bundes- und Landesstraßen festgestellt, werden Bund und Länder darüber beraten müssen, ob man nicht auch für die Nutzung viel befahrener Straßen von Lastwagen Maut verlangt.“

Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :

Print Friendly, PDF & Email
Dieser Beitrag wurde unter Verkehr abgelegt und mit , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert