Von Rezession spüren wir nichts

Wenige Jahre nach der Ansiedlung in Bretten wollen einige Unternehmen ihre Fläche schon verdoppeln.
Das Geschäft brummt und den Firmen wird’s zu eng
Paul Metzger: Von Rezession spüren wir nichts / Tierfutterhersteller Deuerer platzt aus allen Nähten
Von unserem Redaktionsmitglied Rudolf Baier

Bretten. „Von Rezession spüren wir hier nichts.“ Selbstbewusst verweist Oberbürgermeister Paul Metzger darauf, dass die meisten Unternehmen in der Stadt entgegen der allgemeinen Lage florieren. Die jüngst von Finanzbürgermeister Willi Leonhardt angekündigten Mehreinnahmen bei den Gewerbesteuern sind ein deutliches Indiz dafür, aber auch die im Rathaus bekannten Pläne etlicher Unternehmen, ihre Gebäude und Anlagen deutlich zu vergrößern.

Besonders deutlich wird das im Industriegebiet Gölshausen. Etwa bei der Firma SCA Schucker. Der Spezialist für Klebetechnik in der Automobilindustrie, der vor gerade mal drei Jahren nach Bretten gekommen ist, will in wenigen Wochen damit beginnen, seine Produktionsfläche zu verdoppeln. Entsprechend soll auch die Zahl der Mitarbeiter steigen. Aber: „Die Firma hat Probleme, qualifizierte Kräfte zu finden“, erläutert Uwe Reinhard, der Wirtschaftsförderer im Rathaus. Mit 120 Mitarbeitern hat SCA Schucker in Bretten begonnen, jetzt sind es schon mehr als 200. „Rund 20 Stellen sind im Augenblick vakant, weil die Leute fehlen“, weiß Reinhard.

Von Erweiterungsplänen hat auch die 1999 ins Gölshäuser Industriegebiet gekommene Firma Rotaform die Stadtverwaltung unterrichtet. Der Spezialist für Kaltumformung plant ebenfalls eine Verdoppelung der Betriebsfläche, Investitionsvolumen: etwa 1,3 Millionen Euro. Mit 30 Arbeitsplätzen hat es vor vier Jahren bei Rotaform begonnen, jetzt sind es schon rund 60. Drei Jahre nach der Ansiedlung in Gölshausen denke man auch bei Lindörfer und Steiner, einem Verpackungsspezialisten für die Teile von Luxusautos, über eine Erweiterung nach. In Büchig, wo die Firma gegründet wurde, waren es rund 30 Arbeitsplätze, mittlerweile sind es zirka 50.

Investitionen bedeuten allerdings nicht zwangsläufig Schaffung weiterer Arbeitsplätze, merkt Paul Metzger an. „Da geht es vor allem um Rationalisierung. Aber diese sichert ja die Existenz des Unternehmens und damit der Arbeitsplätze. Etwa bei Neff im Ruiter Tal, wo dieses Jahr rund 15 Millionen Euro investiert werden.“ Im Rathaus geht man davon aus, dass die Zahl der Arbeitsplätze bei Brettens größtem Arbeitgeber konstant bei 1300 liegen wird.

Rationalisierungseffekte stehen auch bei einigen Umsiedlungen im Vordergrund, die jetzt realisiert werden. API Schmidt wird in den nächsten Wochen seinen Umzug von der Pforzheimer Straße nach Gölshausen vollendet haben, wo in den Steinäckern ein moderner Neubau für 6,5 Millionen Euro entstanden ist.

Daneben steht der Neubau von Hermann Mellert kurz vor der Fertigstellung. Der Taschenlampenspezialist wird mit seinen 80 Arbeitsplätzen im August umziehen, kündigt Uwe Reinhard an.

Einen Umzug von Gölshausen nach Gölshausen hat die Metallveredelungsfirma MVB vor. Sie wechselt von der Römerstraße in die Steinäcker, Baubeginn für das 2,9-Millionen-Euro-Vorhaben soll im Juli sein.

Nicht nur im Industriegebiet Gölshausen wird erweitert. Auf dem ehemaligen Güterbahnhofareal wird die Automatendreherei Klumpp demnächst ihr Erweiterungsprojekt angehen, weiß Uwe Reinhard. Rund 400 000 Euro sollen in eine neue Halle zur Rinklinger Straße hin gesteckt werden. Hier wie bei den anderen Firmen zahlt es sich aus, dass die Stadt Bretten den Unternehmen ausreichend Optionsflächen zur Verfügung gestellt hat: Laufen die Geschäfte gut, gibt es ausreichend Platz für Erweiterungen.

Was passiert, wenn das nicht der Fall ist, zeigt sich beim Tiernahrungshersteller Deuerer im Rinklinger Tal. Der enorme Erfolg des Unternehmens hat dazu geführt, dass es an seinem Stammplatz im Rinklinger Tal aus allen Nähten platzt. Mehr als 400 Mitarbeiter beschäftigt Deurer mittlerweile, vorwiegend ungelernte und angelernte Kräfte. Auch solche Arbeitsplätze brauche Bretten, erläutert der Oberbürgermeister das besondere Interesse an dieser Firma. Allerdings: Mittel- bis längerfristig brauche Deuerer mindestens zehn Hektar Fläche für seinen Betrieb. Die stehen allerdings im Rinklinger Tal nicht zur Verfügung.

Auch nicht im Industriegebiet Gölshausen. Dort könnte es dennoch eine Perspektive geben: „Die Firma Unidek sorgt für Gesprächsstoff in der Stadt. Die Baukonjunktur läuft nicht“, sagt Paul Metzger. Deshalb gab es schon Überlegungen, dass Deurer die riesige Halle des niederländischen Unternehmens anmietet.

Die endgültige Lösung wäre das jedoch nicht. Wie und wo Platz für Deuerer und weitere Firmen bereitgestellt werden kann, wird Thema einer nichtöffentlichen Sitzung des Gemeinderats in der kommenden Woche sein. Da wird es dann insbesondere auch um die Frage gehen, ob dafür ein Teil des Rüdtwalds geopfert wird oder ob die Stadt an anderer Stelle Flächen zur Verfügung stellen kann.

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