Erst die Chancen ausloten und gemeinsam das Für und Wider prüfen“

Mahnung zur Besonnenheit bei Stellungsnahmen gegen Freilichtmuseum:
Bretten (gm). Nachdem die vom Landesmuseum entwickelte Idee eines Freilichtmuseums nach dem Vorbild des französischen Ecomusee in der Sprantaler Bürgerversammlung zunächst außerordentlich positiv aufgenommen worden war, regt sich dort jetzt Widerstand in Form einer Unterschriftenaktion. Wird hier eine Chance möglicherweise voreilig vertan – oder rechtzeitig vor den Auswirkungen des Museumsplanes gewarnt: ein Gespräch mit dem Brettener Oberbürgermeister Paul Metzger und dem Sprantaler Ortsvorsteher Kurt Kraus.

Der Protest beginnt zu einem Zeitpunkt, zu dem das Freilichtmuseum ja noch weit von einem Beschluss entfernt ist. Ein voreiliger Protest, bevor der Plan geprüft und in die Diskussion gekommen ist?

OB Metzger: Die Studie ist so angelegt, dass sie für Sprantal eine Chance beinhalten könnte. Diese Chance gilt es zunächst zu hinterfragen und zu prüfen, ob nicht nur ideelle, sondern auch finanzielle Unterstützung durch das Land, die berührten Landkreise und die Regionen gewährleistet werden kann. Das sind keine einfachen Verhandlungen, die durch die Unterschriftenaktion nicht einfacher werden. Es ist gleichzeitig nicht nur meine Aufgabe, sondern auch die des Ortsvorstehers und des Ortschaftsrates, zu ergründen, ob das vom Landesmuseum vorgelegte Konzept in Summe wirklich positiv in Sprantal umgesetzt werden kann. Damit wird niemand überrannt, sondern es geht darum, gemeinsam das Für und Wider zu prüfen, zu sondieren und natürlich zu diskutieren. Wird das Konzept danach von den Sprantalern dennoch abgelehnt, ist dies zu respektieren. Ein Ecomusee ist nur gemeinsam realisierbar.

Kraus: Wir reden ja heute über eine Idee und nicht über einen fertigen Plan. Es heißt ja nicht: so und nicht anders wird es gemacht . Es heißt noch nicht einmal: Es wird überhaupt gemacht.

Das Ganze ist also eine Studie und noch keineswegs eine Entscheidung für Sprantal – geschweige denn ein abgesichertes fertiges Konzept, aus dem der einzelne Sprantaler entnehmen kann, was für Vorteile, etwa in Form von Zuschüssen er aus einem Freilichtmuseum ziehen kann.

OB Metzger: Nein, natürlich kann man das im Augenblick noch nicht – auch das ist ein Punkt, warum ein Protest gegenwärtig gar nicht begründet ist. Erst wenn genau dargelegt werden kann, was der einzelne an Zuschüssen zu erwarten hätte, welche Mittel insgesamt zur Verfügung stehen, welche Chancen sich zum Beispiel nicht nur in Bezug auf Haussanierungen und neue Arbeitsplätze, sondern auch auf neue Existenzgründungen ergeben, kann man diskutieren und abwägen. Denn erst dann lassen sich auch die von einigen heute als negativ eingestuften Wirkungen wirklich abschätzen.

Tatsache ist doch, dass der alte Ortskern in Sprantal zu großen Teilen dringend sanierungsbedürftig ist. Tatsache dürfte auch sein, dass viele Häuser in einem Zustand sind, dass eine private Sanierung kaum mehr finanzierbar ist. Hier also liegt doch ganz offensichtlich eine Chance – wird die nicht gesehen?

Kraus: Im Dorfkern muss etwas geschehen und aus eigener Kraft werden wir es nicht können, darüber sind wir uns in Sprantal überwiegend einig. Aus meiner Sicht würde eine Chance vertan, wenn man sich nicht zumindest intensiv und fair mit der Idee Freilichtmuseum auseinander setzte.

OB Metzger: Noch einmal: es gilt, erst Fragen zu sondieren, Ergebnisse vorzulegen und diese mit den Bewohnern und Eigentümern zu diskutieren. Schnellschüsse, in welche Richtung auch immer, schaden nur. Die Studie beinhaltet viele positive Möglichkeiten, zum Beispiel beim Aufbau einer eigenen Existenz – aber auch bei der Verwertung einzelner Objekte. Für beides gibt es interessierte Nachfrage. Das Konzept beinhaltet nicht zuletzt die Chance einer ganz besonderen Atmosphäre des Bewahrens einer in Jahrhunderten gewachsenen Struktur.

Nun heißt es gelegentlich, man wolle kein Ausstellungsobjekt sein?

OB Metzger: Ich habe Verständnis für solche Ängste, glaube aber, man sollte sich zunächst mit der Idee eines Ecomusee vertraut machen. Das ist kein Freizeitpark herkömmlicher Prägung – es ähnelt vielmehr zum Beispiel einem alten Winzerort an Rhein oder Mosel, der auch Gäste anzieht, die sich dort umsehen, wohlfühlen und die lebendige Atmosphäre genießen. Das ist eher beschaulich als hektisch. Sicher ist, dass sich etwas verändern muss. Ich meine positiv, denn der gegenwärtige Stillstand trägt mit immer mehr leerstehenden Häusern bereits Spuren von Zerfall und zeigt keine Perspektiven auf. Es wäre schade, wenn die Romantik der alten Dorfstraße verloren ginge.

Kraus: In der Bürgerversammlung wurde vorgeschlagen Busfahrten zu anderen ähnlichen Freilichtmuseen mit der Bevölkerung zu unternehmen um Eindrücke zu sammeln, dies sollten wir auch tun. Eine Idee zu zerstören, bevor sie eine Chance hat, ohne eine Alternative aufzuzeigen ist in meinen Augen verantwortungslos für die Zukunft unseres Dorfes, zumal im Dorf ständig darüber diskutiert wird, was getan werden müsste.

Nun könnte ja der Gedanke aufkommen, der Protest sei eine Fortsetzung der ständigen Konfrontation in diesem Ortsteil und nur in einer Nebenlinie gegen das Museum gerichtet?

OB Metzger: Das kann ich nicht beurteilen. Sollte es so sein, sollte man erkennen, dass man nur gemeinsam vorwärtskommt und dass persönliche Differenzen nicht im Interesse des Dorfes sein können.

Kraus: Ich sehe meine Aufgabe in der Vermittlung zwischen Verwaltung und Bürgern, dass unsere Dorfgemeinschaft funktioniert und freundlich gestaltet ist und wir eine harmonische Gemeinschaft auch nach außen pflegen. Es kann sein, dass unsere momentane Situation verhindert, gemeinsame Zukunftspläne zu schmieden, da die Auffassungen von „Gemeinwohl geht vor Eigenwohl“ stark divergieren. Jeder sollte darüber nachdenken, ob er nicht dazu beitragen kann, durch eine gewisse Neuorientierung und Versöhnungsbereitschaft alte Kamellen zu vergessen Es geht darum, sich dazu zu bekennen, unser schönes liebenswerte romantische Sprantal, das wir insgeheim alle lieben, vor dem Zerfall zu retten und eine Zukunftsperspektive zu geben. Ich von meiner Seite bin gerne dazu bereit, im persönlichen Gespräch Meinungsverschiedenheiten zu bereinigen.

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