Leserbrief : Statt Strahlern lieber Schulsozialarbeit

Zum Artikel „Neuartige Strahler sollen Fresken Profil verleihen“ (BNN vom 11. Februar) erreichte uns folgende Leserzuschrift: Wie dem Artikel zu entnehmen war, sollen im Rahmen von Umbaumaßnahmen der Gedächtnishalle des Melanchthonhauses auch Multi-media-Stationen, Vitrinen und Leuchttafeln installiert werden. Die Investitionskosten hierfür sind auf 350 000 Euro veranschlagt. 350 000 Euro – um „die Reformatoren dreidimensional zu beleuchten“. Was leider nicht jedem bekannt ist: Diese 350 000 Euro zahlt die Stadt Bretten – und damit alle Brettener Bürger.
Doch fast gleichzeitig wird von einer Streichliste der Stadt berichtet, über die der Gemeinderat unlängst in Klausur beraten hat, eine Streichliste, die nicht mit Grausamkeit spart: Fast alle freiwilligen Leistungen werden zurückgefahren oder ersatzlos gestrichen. Die Vereinsförderung wird gekürzt, die Zuschüsse an die Jugendmusikschule werden gekürzt, die Ortsteile erhalten weniger Geld.

Und auch personell regiert der Kahlschlag: Zwei von insgesamt drei Schulsozialarbeiterinnen der Brettener Schulen werden bis zum Sommer entlassen. Eine effektive Gewaltprävention an den Brettener Schulen – leider kein Luxus, sondern bittere Notwendigkeit – wird somit nicht mehr möglich sein. Aber das Me-lanchthonhaus erhält „sechs moderne Strahler“, die – so der Kustos – „Profil in die Bilder bringen“. Wie konnte das Melanchthonhaus nur die vergangenen hundert Jahre existieren -ohne dieses Profil in den Bildern?
Um eines klarzustellen: Ich bin kein Kulturbanause, auch der Umstand der bevorstehenden 100-Jahr-Feier muss berücksichtigt werden. Aber bei derart knappen Finanzen sollte die Stadt Prioritäten setzen, die noch in Einklang mit der gesellschaftlichen Realität stehen. Mit dem Geld, das die Stadt hier für vergleichsweise abgehobenen Luxus ausgeben lässt, hätte man die zwei Schulsozialarbeiterinnen für mindestens vier Jahre weiter beschäftigen können. Es wäre sicher vertretbar gewesen, die Bilder noch ein paar Jahre im „normalen“ Scheinwerferlicht zu präsentieren. Wer – wie die Stadt – solche Prioritäten setzt und solch grenzwertige Entscheidungen trifft, muss sich über weiter wachsende Politikverdrossenheit auch auf kommunaler Ebene nicht wundern. Die Maßnahme ist ein Skandal, sie lässt jeglichen Realitätsbezug vermissen und geht an den akuten Bedürfnissen der breiten Bevölkerung völlig vorbei. Mein Vorschlag: Alle Brettener Eltern sollten eine Unterschriftenliste starten und dadurch versuchen, die Schulsozialarbeit zu retten. Vielleicht kehrt mit Hilfe der öffentlichen Meinung auch der verlorene Realitätssinn wieder zurück.

Rainer Ziegler
Dürrenbüchiger Str. 24
Bretten

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