Neues Zeitalter des Nahverkehrs begann vor zehn Jahren

In Bretten wird das Jubiläum der Stadtbahn gefeiert – Pilotprojekt entwickelte sich zum Erfolgsmodell – Inzwischen fast 13 000 Fahrgäste pro Tag
Zum Jubiläum gibt es nicht nur eine Sonderfahrt, Dampflok-Touren und die Einweihung neuer Haltestellen in Gölshausen und Ruit. Bretten hat mit dem gleichzeitig stattfindenden Weinmarkt und dem verkaufsoffenen Sonntag die Rahmenbedingungen für eine rundum fröhliche und turbulente Geburtstagsparty geschaffen.

Zu feiern gilt es nicht zuletzt den Mut der Stadt, sich in das neue Zeitalter des Nahverkehrs zu stürzen – und das in einer Situation, in der Bretten mit dem damaligen Malag-Konkurs auch finanziell vor Riesenproblemen stand. Die Anfänge lagen in den Jahren 1983/84. Albtal-Verkehrs-Gesellschaft und Bundesbahn setzten auf die Idee, die relativ schwach frequentierte Linie Karlsruhe – Bretten als Stadtbahn zum Testmodell zu machen.

Der damalige Karlsruher Landrat Dr. Bernhard Ditteney wurde schnell als Befürworter gewonnen. Jetzt mussten die Kommunen überzeugt werden.

In Bretten setzte sich 1986 bei der Oberbürgermeister-Wahl Paul Metzger überzeugend gegen seine Mitbewerber durch. „Es war eine grundsätzliche Entscheidung, ob man überhaupt in die Stadtbahn-Pläne einsteigen sollte“, stellt er heute die Lage rückblickend dar. Konnte Bretten die Millionen aufbringen, um dieses Projekt mitzufinanzieren? Der neue Amtsinhaber warb mit dem Slogan “ Stadtbahn statt Stadthalle“ – aber nicht vorbehaltlos. Metzger: „Ich habe die Zustimmung immer mit der Forderung verknüpft, die Linienführung so weit wie möglich in den Kraichgau, auf jeden Fall bis Eppingen, fortzusetzen.“

Von Anfang an war die Stadtbahn ein Erfolg. Die Pilotstrecke steigerte ihre Fahrgastzahlen unaufhörlich. Man begann mit 1000 Passagieren pro Tag und liegt heute bei knapp 13 000. Dies war der Ausgangspunkt für weitere Streckenerschließungen: 1997 nach Eppingen, 1999 nach Heilbronn, außerdem nach Bruchsal und Mühlacker.

Mit der Stadtbahn allein war es für Bretten aber nicht getan. Neben dem Aufbau der notwendigen Infrastruktur gab es Aufgaben zuhauf entlang der Strecke. Die Kommune ging die teilweise marode Situation mit Stadtsanierungsgebieten an. Damit verbunden war die völlige Umstrukturierung des Brettener Südens, der praktisch lückenlos von der Stadt erworben wurde. „Das hieß Grunderwerbe, Straßen- und Brückenbau“, verdeutlicht Metzger die immensen Anstrengungen. “ In Summe hat die Stadt direkt in die Stadtbahn rund 20 Millionen Mark investiert und in das gesamte Umfeld weitere rund zehn Millionen.“ Nicht berücksichtigt ist dabei der Grunderwerb.

Hat es sich gelohnt? „Auf jeden Fall“, sagt Metzger und verweist auf eine gestiegene Attraktivität Brettens und die überaus positiven Auswirkungen der Bahn auf ein weiteres örtliches Erfolgsmodell: die Firmenansiedlungen, die der Kommune in diesem Jahr die Rekordsumme von 10,5 Millionen Euro an Gewerbesteuereinnahmen bringen. Zum Zeitpunkt der Stadtbahn-Diskussion lagen diese bei rund vier Millionen – manchmal auch darunter.

26.09.2002 00:24

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