Leserbrief : Schulden sind Steuern von morgen

Mit 200 Millionen Mark Schulden bei nur fünf Prozent Zinsen sind es noch einmal zehn Millionen zusätzliche Belastungen pro Jahr für circa 27.000 Bürger und Unternehmer von Bretten, die sie in Form von Abgaben, Steuern, Strafzetteln und so weiter entrichten müssen. Der gesammte Gemeinderat klagt die hohe Verschuldung an, obwohl „einstimmig so beschlossen“. Zusätzlich wurden noch Bürgschaften um die 40 Millionen Mark abgegeben. Ohne Zustimmung des Gemeinderats wäre das alles gar nicht möglich. Also marschieren wir munter auf eine Viertelmilliarde Verbindlichkeiten zu, wie diese veröffentlichten Zahlen aus 1999 belegen.

Sind es denn andere Menschen, die die zustimmende Hand im Gemeinderat gehoben haben, als die, die wir gewählt haben? Man könnte meinen, dass die Steuern und Abgaben die Gemeinderatsmitglieder gar nicht betreffen und nur das gemeine Volk die Zeche zu bezahlen hat.
Im Allgemeinen spricht man beim Inhalt der Rathäuser von einer Verwaltung. Nun haben sich aber diese Verwaltungen zusätzlich als Gesellschafter und Geschäftsführer des freien Marktes, mit allen Risiken, verselbstständigt. In der freien Wirtschaft müssen sich die geschäftsführenden Gesellschafter mit Haut und Haaren gegenüber den Banken verbürgen, wenn sie investieren wollen. Jetzt stellt sich die Frage, ob die Geschäftsführer oder Aufsichtsräte von den stadteigenen GmbH’s (zum Beispiel Stadtwerke GmbH, Kommunalbau GmbH, Wohnungsbau GmbH, Eigenbetrieb Abwasser, demnächst Eigenbetrieb Städtische Hallen und so weiter) auch mit ihrem Privatvermögen haften? Oder sind die Risiken etwa nur auf die Bürger durch den Gemeinderat übertragen worden und können so auch noch die Fehlbeträge (Verluste) in den Bilanzen ausgleichen?
Ein besonderer Leckerbissen ist ein Teil der risikolosen Finanzierung der Wohnungsbau GmbH. Es gibt Menschen, die, durch welche Umstände auch immer, irgendwann im Leben Pech gehabt haben. Jetzt sind sie obdachlos und werden in dafür vorgesehenem Gebäude in der Kleiststraße untergebracht. Rein biologisch gesehen dürfte ein Körper eines Obdachlosen genau so beschaffen sein wie der, beispiels- weise eines Politikers, ergo genau so viel Wert. Ob es bei der Ver- oder Entsorgung auch so sein dürfte, lässt sich wahrscheinlich nur intellektuell und auf höchstem Niveau abklären. Fest steht, dass derjenige Obdachlose, der die Miete überhaupt noch aufbringen kann, ab dem 1. Januar für eine Unterbringung im Obdachlosenheim einen Mietzins von zwölf Mark pro Quadratmeter zu zahlen hat, obwohl die ortsübliche Vergleichsmiete in Bretten 9,50 Mark pro Quadratmeter beträgt. Argument eines Gemeinderats: „Dann bleiben die Leute bei so hoher Miete nicht zu lange in diesen Räumen wohnen.“
Diese Aussage wird erst verständlich, wenn man weiß, was für eine luxuriöse Wohnqualität in dem Obdachlosenheim herrschen müsste. Denn für einen Quadratmeterpreis von 29,68 Mark, den die Stadt durch Steuergelder an die eigene Wohnungsbau GmbH monatlich bezahlt, müssen zumindest vergoldete Wasserhähne vorhanden sein. Dr. Jürgen Schneider lässt grüßen. Es wäre daher interessant zu wissen, welcher Mieter in Bretten beispielsweise für eine 80 Quadratmeter Wohnung 2.375 Mark im Monat bezahlt.
Auf jeden Fall wird die stadteigene Tochter für die Kleiststraße mit 180.000 Mark pro Jahr bedacht, was in zehn Jahren eine Steuerbelastung von 1,8 Millionen ausmacht. Nennt man in der freien Wirtschaft so etws nicht Mietwucher, oder Abzocker oder Selbstbedienung? Funktioniert so etwas nur, weil die Verantwortlichen bei der Mutter und Tochter identisch sind? Wird so die Verpflichtung „Schaden vom Volk abwenden“ definiert? Warum spielt die Stadt den Unternehmer und steckt die Steuergelder, allein in Form vom Stammkapital von 34,5 Millionen Mark, in die vorhandenen GmbH’s? Wo bleiben die Gemeinderäte die zuerst an den Bürger und dann an die Verwaltung denken?

Franz Cizerle
Postfach 1170
75001 Bretten

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Eine Antwort zu Leserbrief : Schulden sind Steuern von morgen

  1. G. H. sagt:

    Letzter Satz im oben stehenden Leserbrief
    von Franz Cizerle am 15. Februar 2001
    – auf den Tag genau nach elf Jahren:

    „Wo bleiben die Gemeinderäte, die zuerst an den Bürger und dann an die Verwaltung denken.“

    OB Wolff sagt im Amtsblatt der Großen Kreisstadt Bretten Jahrgang 2012 Nummer 1440 Mittwoch 15. Februar 2012:

    Evangelisches Altenheim vom Evangelischen Stift Freiburg übernommen

    …“Oberbürgermeister Martin Wolff unterstrich dabei, dass die Stadt Bretten um ihre Verantwortung weiß, die Optimierung der Daseinsbedingungen zu fördern und zu unterstützen.“…

    Es reicht leider bei weitem nicht aus, etwas zu wissen und diese Worte einzig während eines Festaktes zu sprechen. Sie müssen den Mitgliedern des Brettener Gemeinderates stets ins Gedächtnis gerufen und beharrlich auf Erfüllung durchgesetzt werden. Erst dann ergeben sie einen echten Sinn.

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