Der Schuldenberg bereitet den Stadträten große Sorgen

In ihren Haushaltsreden pochen die Vertreter der Brettener Fraktionen auf eine Konsolidierung der Finanzen
Stadt und ihre Gesellschaften und Eigenbetriebe stehen bei den Banken mit rund 200 Millionen Mark in der Kreide
Von unserem Redaktionsmitglied Rudolf Baier
Die Verabschiedung des städtischen Haushalts 2001 am Dienstagabend (wir berichteten) war traditionsgemäß für die Fraktionen des Gemeinderats Gelegenheit, sich grundsätzlich zu Fragen der Brettener Kommunalpolitik zu äußern. Oberbürgermeister Metzger verzichtete auf eine eigene Haushaltsrede. Der Plan sei schließlich das Produkt gemeinsamer Überlegungen, und eigentlich habe er seine Haushaltsrede ja schon beim Neujahrsempfang der Stadt gehalten. Finanzbürgermeister Willi Leonhardt beschränkte sich darauf, die wichtigsten Zahlen des Planwerks zu referieren.

Wermutstropfen Schulden
CDU-Sprecher Martin Judt bezeichnete den Haushalt 2001 als „noch akzeptabel, mahnte aber die dringend notwendige Verbesserung der Finanzstruktur an. Er würdigte die Gewerbesteuereinnahmen von mehr als 18 Millionen Mark als die ersten ins Gewicht fallenden Früchte der Gewerbe- und Industrieansiedlungspolitik. Doch die Kreditaufnahme von fast zehn Millionen Mark sei ein Wermutstropfen. Die enormen Verbindlichkeiten von insgesamt 62 Millionen Mark seien, wenn überhaupt, nur unter dem Aspekt zu rechtfertigen, dass die Mittel für den Grunderwerb kurz- bis mittelfristig wieder zurückfließen. Der Ansatz von 39 Prozent Fremdmitteln im Vermögenshaushalt zeige, dass die Finanzsituation der Stadt völlig unbefriedigend sei.
Als „eher düster“ bezeichnete Martin Judt den Blick auf die mittelfristige Finanzplanung.
Um eine solide finanzielle Grundausstattung der Stadt zu erreichen, sei eine konsequente Konsolidierung des Haushalts und eine Verbesserung der eigenen Steuerkraft nötig. Um finanziellen Handlungsspielraum zu erhalten, sei es unumgänglich, nur noch ganz dringliche Maßnahmen umzusetzen, anderes zurückzustellen oder private Investoren zu suchen, den Grunderwerb auf das Nötigste zurückzufahren und die Neuverschuldung auf niedrigstem Niveau zu halten.

Das Jahr der Brücken
2001 werde als „Jahr der Brücken“ in die Stadtgeschichte eingehen, sagte der Sprecher der FWV/LUB, Dieter Ammann, voraus und ging in seiner Haushaltsrede zunächst auf die zahlreichen Bauprojekte in diesem Jahr ein, um auf die Bedingungen der heiniischen Wirtschaft zu sprechen zu kommen. Am Engelsberg und an der Sporgasse werde der Rahmen für den Einzelhandel geschaffen, in den „Steinäckern“ bei Gölshausen Platz für ansiedlungs-willige Betriebe.
Ammann drückte die Hoffnung aus, dass die Nachbarstadt Knittlingen bald die notwendigen Schritte für ein interregionales Industriegebiet macht. Auch nach Oberderdingen richtete er den Blick: „Wir sehen die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit der weiteren Nachbarschaft im Flächenmanagement. Darum sollten gegenseitige Beschuldigungen als Sandkastenspiele abgetan werden und Normalität auf beiden Seiten einkehren.“
Kritisch äußerte sich auch der FWV/LUB-Sprecher zur Verschuldung der Stadt, die den Betrag von 200 Millionen Mark übersteige, wenn man die Schulden der städtischen Gesellschaften und des Eigenbetriebs zusammennimmt. „Wie hätte die Verschuldung erst ausgesehen, wenn sich das Gewerbesteueraufkommen nicht so sehr erhöht hätte?“ Eine weitere Zunahme setze voraus, dass Bretten von einem Platzen der „Softwareblase“ und anderen Katastrophen auf dem Arbeitsmarkt verschont bleibt.

Ebbe in der Schatulle
Im Stil eines mittelalterlichen Märchenerzählers trug Werner Hellbrandt die Haushaltsrede der SPD-Fraktion vor und wurde dafür von Stadträten wie Zuhörern mit Beifall bedacht. In einer Zustandsbeschreibung Brettens stellte Hellebrandt fest: „Die Schatulle ist meist im Zustand der Ebbe zu sehen.“ Der SPD-Sprecher ging auf die Ansiedlung neuer Betriebe in Gölshausen ein, die der Stadt wie den dort beschäftigten Arbeitnehmern Einkommen sichert. Auch sei es dem Liegenschaftsamt gelungen, viele Dienstleister anzusiedeln.
„Auch bei noch so guter Haushalterei ließ und lässt es sich nicht vermeiden, dass 62 Millionen Silberlinge zu einem gewaltigen Schuldenturm angewachsen sind.“ Da sei es ein Silberstreif am Horizont, dass die Abgaben des Gewerbes zugenommen haben. So könnten zumindest einige Wünsche erfüllt werden, meinte Hellbrandt und erwähnte die Vereinsförderung, den Bau der neuen Sporthalle und den Verbindungsbau zwischen Melanchthonhaus und altem Rathaus. „Ansonsten gilt es Abstand zu halten von Luxus und Prasserei. Erhalten statt gestalten wird der Wahlspruch sein müssen“, sagte der Vertreter des „Fähnleins der Sozialdemokraten“.

Die Stadt bindet sich die Hände
Dem Schuldenstand der Stadt stellte Klaus Fanz, Sprecher der Grünen, der Steuerkraft und dem Vermögens gegenüber. Zwischen 1985 und 2001 seien die Schulden um 203 Prozent geklettert, die Steuerkraft jedoch nur um 55 Prozent. Die Vermögenswerte hätten im gleichen Zeitraum eine Zunahme um 81 Prozent erfahren. „Selbst wenn man mit gutem Willen vergleicht, dann fällt der Ausreißer Schulden deutlich auf“, stellte Fanz fest und resümierte, die Stadt Bretten binde sich damit auf Jahre hinaus die Hände, wichtige kommunale Investitionen kämen zwangsläufig zu kurz. Zwar bedeute dies noch mehr Ausgabedisziplin beim Verwaltungshaushalt. Doch müsse bei der Energieversorgung der Gebäude endlich ein Schritt gemacht werden, um auf lange Sicht günstigere Ergebnisse zu erreichen, etwa durch Blockheizkraftwerke, Solarstrom und
Brauchwassererwärmung.
Zuschüsse an Vereine und Organisationen müssen nach Ansicht der Grünen für die Prä-vention gegen Jugendgefährdung eingesetzt werden. Im Blick auf erwachsene Vereinsmitglieder müsse die Stadt dagegen ihre Schulden beachten und an die Eigenverantwortung appellieren: „Ich wüsste keinen Verein mit 3000 Mark Schulden pro Mitglied.“ In diesem Zusammenhang warf Fanz auch die Frage auf, ob und wie sich die Millionen aus dem Stadtsäckel für die „University“ rentieren.

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