Bewährungsstrafe für ehemaligen AVL-Manager

Stuttgarter Landgericht konnte Klaus Marbach weder Untreue noch Bestechlichkeit nachweisen – Landrat Haas spricht von „Deal“
Doch weder Untreue noch Bestechlichkeit sei dem Angeklagten nachzuweisen, entschied die Wirtschaftsstrafkammer. Stattdessen erkannte das Gericht nach nur zwei Verhandlungstagen auf zweimalige Vorteilsnahme:
Im Frühjahr 1995 habe eine Entsorgungsfirma aus Bretten 400 000 Mark über Griechenland, die Schweiz und die USA an die Ehefrau von Marbach transferiert. Das Unternehmen habe sich damit lediglich das Wohlwollen des damaligen Chefs der Abfallverwertungsgesellschaft Ludwigsburg (AVL) sichern wollen.

Nicht zu belegen sei, dass sich die Firma das Geld von der AVL zurückholte. Ein Indiz wies allerdings in diese Richtung: Für die Entsorgung von Metallschrott aus dem später gescheiterten Deponie-Rückbau bezahlte die AVL 1995 „plötzlich“ rückwirkend für 1994 überhöhte Preise.

Vorteilsnahme sah das Gericht auch in einem zweiten Fall als erwiesen an: Eine Firma, die für die AVL arbeitete, beschäftigte den Schwiegersohn Marbachs zum Schein. Sein 52 000 Mark-Gehalt landete ebenfalls auf dem Konto von Klaus Marbachs Ehefrau Gretel. Da Marbach beide Beträge bei seiner Steuererklärung „vergessen“ hatte, erkannte das Gericht weiter auf „versuchte Steuerhinterziehung“ .

Mit der zweijährigen Bewährungsstrafe wurde der Haftbefehl gegen Klaus Marbach aufgehoben. Den Schadenersatz von 150 000 Mark muss er in drei gleichen Jahresraten an die AVL zurückzahlen.

Einen „erheblichen Strafabschlag“ erkannte das Gericht Klaus Marbach zu, weil die Anklageschrift erst nach 22 Monaten zugelassen worden war. Der bislang nicht vorbestrafte Marbach habe zudem mit seinem Geständnis Reue und Einsicht gezeigt.

Strafverschärfend sei allerdings, dass letztlich die Gebührenzahler im Kreis Ludwigsburg für seine Taten bezahlen müssen. Durch sein Missmanagement sind allein beim Rückbau-Desaster Schulden in Höhe von rund 130 Millionen Mark zurückgeblieben.

Fehlende Rückstellungen für die Deponien, eine Überkapazität bei denselben, Planungskosten für eine nicht verwirklichte Verbrennungsanlage, Fehl-Grundstückskäufe und unvorteilhafte Verträge mit Lieferfirmen summierten sie auf schließlich 193 Millionen Mark Schulden Ende 1996. Die Folge: Die Müllgebühren stiegen um 40 Prozent auf 619 Mark pro Vier-Personen-Haushalt im Jahr.

Als Folge einer Normenkontrollklage wurden später Teile des Defizits in den Kreishaushalt gepackt, die Kreisumlage stieg, die Müllgebühren konnten gesenkt werden. Doch nicht allein für Marbachs Verteidiger ist klar: Marbach leitete die AVL unter einem Aufsichtsrat, dessen Vorsitzender Ex-Landrat Dr.
Ulrich Hartmann war. Dieses Gremium trug die Marbach-Aktionen bis Ende 1995 mit.

Im Wesentlichen zufrieden mit dem Urteil sei er, ließ Ludwigsburgs Landrat Dr. Rainer Haas erklären. Emotionell habe er aber Probleme mit dem Verlauf des Strafverfahrens, bei dem sich schon zu Beginn ein “ Deal“ zwischen Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Gericht abgezeichnet habe.

Die Entscheidung im Strafgerichtsverfahren eröffnet nun die Fortführung der zivilrechtlichen Verfahren wie die Klage Marbachs auf Wiedereinstellung oder die Klage der AVL auf 1,6 Millionen Mark Schadensersatz sowie mehrerer am Rückbau beteiligter Firmen auf Regress gegen den von der AVL verhängten Stopp.

17.01.2001 00:06

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