Grenzen schon überschritten

Landesentwicklungsplan sorgt für heftige Debatten mit Enzkreis-Nachbarn – Landrat Burckhart mahnt zur Gelassenheit
ENZKREIS/ BRETTEN. Der Hinweis des Mittelzentrums Bretten auf die Verflechtungen mit Neulingen und Knittlingen hat zu einer lebhaften Debatte in der Region geführt Die Stadt solle sich mehr zum Enzkreis orientieren.
Von PZ-Redakteur Horst Pieper
„Der schnelle Anschluss der Stadt Bretten über die B 294 an die nun geöffnete Autobahnauffahrt Pforzheim-Nord macht diese Frage wieder aktuell“, meinte gestern Landrat Werner Burckhart zur PZ. Auch Brettens Oberbürgermeister Paul Metzger, der mit seiner Anregung zum Entwurf des Landesentwicklungsplans die Debatte im Enzkreis auslöste, bekannte sich zu den „sehr engen Verbindungen zum Enzkreis“, konnte sogar konkrete Zahlen anführen. 106 Schüler aus Neulingen und 116 aus Knittlingen besuchen laut Rathausstatistik das Brettener Melanchthon-Gymnasium, 13 Prozent der Arbeitnehmer fahren täglich aus Orten des Enzkreises nach Bretten zur Arbeit, die gleiche Anzahl an Berufstätigen aus dem Mittelzentrum in den Enzkreis.

Hopp: Loyal zum Enzkreis
Die Stadt Bretten sei ebenso dem Verkehrsverbund Pforzheim-Enzkreis beigetreten. „Auf Grund der europäischen Entwicklungen wird bald eine neue Darstellung der regionalen Verwaltungsgrenzen kommen“, hoffte Metzger auf neue Spielräume. „Man weiß nie, was kommt“, orakelte hingegen Enzkreis-Landrat Burckhart, wies aber zugleich auf das starke Werben im Jahr 1971 aus der Region Pforzheim um Bretten und Oberderdingen vor der letzten kommunalen Neugliederung hin. Andererseits seien Verwaltungsgrenzen „völlig unsichtbar“ und würden wie zwischen dem Enzkreis und dem Stadtkreis Pforzheim „überhaupt nicht mehr wahrgenommen“.

Knittlingens Bürgermeister Heinz-Peter Hopp, der mit Brettens OB Metzger ein gemeinsames interkommunales Gewerbegebiet ansteuert, drehte ähnlich wie Neulingens Schultes Heinz Raißle den Spieß einfach um. „Der Gemeinderat wird klipp und klar die Orientierung Knittlingens zum Enzkreis bei seiner Stellungnahme zum Landesentwicklungsplan unterstreichen“, so der Fauststadt-Schultes. So manches Verkehrsproblem in Bretten wie auf der Bundesstraße 35 sei nur noch mit Hilfe der Nachbarn im Enzkreis wie Knittlingen zu lösen. Deshalb gehöre Bretten weitaus stärker in die Region Nordschwarzwald. Neulingens Bürgermeister Heinz Raißle interpretierte die Anmerkungen des nördlichen Mittelzentrums noch viel direkter: „Diese Äußerungen belegen, Bretten will auf Dauer in den Enzkreis„. Außerdem kritisierte er, dass im Anhang des Entwicklungsplans keine eigene Entwicklungsachse von Pforzheim über Neulingen nach Bretten eingezeichnet worden sei. Experten betonten, Bretten sei samt Oberderdingen im übergroßen Landkreis Karlsruhe, der sich am Rhein orientiere, „weit vom Schuss“.

Regionalverband vorsichtig
Regionalverbandsdirektor Jens Kück sagte der PZ, das Nordschwarzwald-Parlament werde am 20. Dezember im Pforzheimer Rathaus ein eigenes Votum zum aktuellen Entwurf des Landesentwicklungsplans verabschieden. Dabei bangen die Regionalplaner angesichts der Begehrlichkeiten aus den Mittelzentren Bretten, Vaihingen/Enz und der Metropole Stuttgart um die territoriale Integrität des Enzkreises. „Wir dürfen auf keinen Fall Veränderungen am Mittelbereich von Mühlacker tolerieren“, meinte Kück.

Knittlingen und auch das von Vaihingen im Zusammenhang mit einem interkommunalen Gewerbegebiet in Ensingen umworbene Illingen müssten fester Bestandteil des Einflussbereichs Mühlacker bleiben. „Nur so kann das Mittelzentrum Mühlacker überleben“, sagte der Verbandsdirektor. Aber schon heute profitiere die Gemeinde Illingen als Träger des Gewerbegebietes von finanziellen Zuschüssen für die Region Stuttgart.

Auch das Heckengäu gehört laut Regionalverband „voll und ganz“ einschließlich Friolzheim und Heimsheim zum Oberzentrum Pforzheim. Deshalb sei an den Grenzen der Region dem Drängen „der überbetonten Metropolfunktion Stuttgarts“ Einhalt zu gebieten. Bis Ende Januar werden alle Gemeinderäte und Kreistage der Region Zum Landesentwicklungsplan Stellung nehmen.

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