Fehde des Einzelhandels mit CDU und OB

Morddrohung als unrühmlicher Höhepunkt eines erbitterten kommunalpolitischen Streits
BRETTEN
In Bretten sind seit drei Wochen Einzelhandel, CDU-Fraktion und Oberbürgermeister in einen erbitterten Clinch gegangen, als deren Kulminationspunkt sich eine anonyme Morddrohung gegen den CDU-Fraktionsvorsitzenden richtete. Ausgangspunkt, der harten Konfrontation sind angebliche Äußerungen des CDU- Fraktionsvorsitzenden Erich Hochberger zur Situation des Brettener Einzelhandels und zum Einkaufsverhalten der Bürgerinnen und Bürger im Zusammenhang mit dem Ausbau der Diedelsheimer Höhe.

Danach soll Hochberger unter anderem gesagt haben, „das bißchen, was in der Brettener Innenstadt angeboten werde, interessierte den Kunden nicht – er werde weiterhin das tun, was er seit 15 Jahren tue, nämlich außerhalb Brettens einkaufen“. Die Arbeitsgemeinschaft der Selbständigen (AdS) hatte dies in einem ganzseitigen „offenen Brief in der Wochenzeitung „Brettener Woche“ aufgegriffen, ihrer Erbitterung darüber Luft gemacht und ihrer Sorge um die Stadt Ausdruck gegeben, gleichzeitig auch dem Oberbürgermeister indirekt vorgeworfen, Verträge im Alleingang abgeschlossen zu haben und deren Erfüllung nachträglich dem Gemeinderat über eine Scheinabstimmung abzuverlangen.

In seiner Aschermittwochsrede hatte OB Paul Metzger die Vorwürfe der AdS scharf zurückgewiesen und den offenen Brief als „Schmiererei“ gegeißelt. Metzger verlangte von der AdS auch Beweise für ihre Behauptung einer gemeinderätlichen Scheinabstimmung über bereits geschlossene Verträge. Dennoch zeigt sich der Brettener Verwaltungschef kompromißbereit: Metzger hat die AdS jetzt zu einem klärenden Gespräch eingeladen. Dazu Wolfgang Max, Sprecher des Bereichs Einzelhandel in der AdS: „Es gibt Gesprächsbedarf. Wir gehen das Ganze sehr selbstbewußt und gelassen an.“

Vorwurf: „Üble Hetze“
Die CDU-Fraktion antwortete auf den Angriff auf ihren Vorsitzenden ebenfalls mit einem ganzseitigen offenen Brief und warf der AdS darin üble Hetze, unseriöse Praktiken, Halbwahrheiten und beleidigende Unterstellungen mit dem Ziel, Hochberger öffentlich zu diskriminieren und einen Keil zwischen den Vorsitzenden und die Fraktion zu treiben, vor. Besonderer Ansatzpunkt zur Kritik war auch die Tatsache, daß die AdS in ihrer Anzeige unter der Einladung an Hochberger „wieder einmal in die Innenstadt zu kommen und sich ein Bild zu machen“, als Überblick über das Brettoner Angebot 230 Geschäfte aufgeführt hatte.
Die CDU-Gemeinderäte konterten, es sei „schlimm und verwerflich“, daß hier der Anschein erweckt werde, die aufgeführten Firmen trügen die Anzeige mit. „Alle Firmen, die wir anriefen, wußten nichts von dem offenen Brief der AdS.“
Auch Oberbürgermeister Paul Metzger stellte sich öffentlich vor Hochberger. Gleichzeitig warf Metzger der AdS vor „ihr eigenes Süppchen zu rühren“. Die Vergangenheit habe gezeigt, daß Rücksichtnahmen auf Forderungen des Einzelhandels Entwicklungen der Stadt verzögert, erschwert und sogar verhindert habe. Einzelhändler, rechnet Metzger vor, hätten sich gegen Aldi und Kaufhaus Schneider gewehrt, Einzelhändler seien auch gegen ein zweites Kaufhaus am Gottesackertor, gegen die Fußgängerzone und gegen die Stadtbahn angetreten.

„Die Stadt hat dem Einzelhandel schon früh verkaufsoffene Sonntage beschert und dafür die notwendigen Rahmenbedingungen durch Märkte, geschaffen, erklärt nun der OB. Sie hat die Parkgebühren reduziert und die Parkraumsituation ständig durch den Neubau von Tiefgaragen verbessert. Jetzt hat der Gemeinderat 100 000 Mark für die Aufnahme eines zinslosen Darlehens von rund zwei Millionen Mark zur weiteren Aufwertung der Innenstadt bereitgestellt und die Weichen für den behutsamen Ausbau der Diedelsheimer Höhe gestellt.“

Bretten müsse, so Metzger, konkurrenzfähig bleiben und die deutlich gestiegene Kaufkraft binden. Er stehe zu dem Motto „Gemeinsam für Bretten“ und dafür sei bisher viel erreicht worden – wer anderes behaupte, „sucht den Keil, und den werde ich dann auch entsprechend einschlagen.“
gm

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Eine Antwort zu Fehde des Einzelhandels mit CDU und OB

  1. G. H. sagt:

    Am 5. März 1998 – also gestern vor 15 Jahren – stellte die Pforzheimer Zeitung die Brettener Einzelhandelslage in der Altstadt vor. Ein wahrhaftig städtisches Drama!

    Bei genauerem Hinsehen muss man heute zu der Einsicht gelangen, es hat sich so gut wie nichts getan. Und wenn überhaupt, dann nur voll gegen die Interessen des Brettener Einzelhandels (Beispiele Kraichgau-Center in der neuen Stadtmitte, Modepark Röther u.a.).

    Nur die Streitkultur zwischen den Betroffenen – Einzelhandel, Stadt Bretten – ist ein wenig vornehmer geworden.

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