Die Axt im Rathaus

In Bretten zanken Naturschützer und Lokalpolitiker um 22 Hektar Wald

BRETTEN. (DISCH) Es ist ein sonniger Sonntagmorgen Anfang November. Der Rüdtwald bei Bretten ist von Sonnenlicht durchflutet, die Strahlen werfen ein glänzendes Licht zwischen die Bäume. Spaziergänger und Nordic Walker sind unterwegs. Plötzlich rufen sie in die Stille hinein: ,,Erhaltet uns den Rüdtwald. Wir brauchen ihn.“ Das hört sich beinahe wie ein Hilferuf an. Der Grund dafür: Ein Teil des Walds soll abgeholzt werden, damit ein bereits bestehendes Gewerbegebiet erweitert werden kann.
Seit Jahren wird in der Melanchthonstadt heftig über die Abholzung diskutiert. Die Rollen sind dabei klar verteilt: Umwelt- und Naturschützer haben etwa 6000 Unterschriften für den Erhalt des Walds gesammelt. Oberbürgermeister Paul Metzger (CDU) und eine große Koalition aus CDU- und SPD-Räten im Gemeinderat von Bretten sind für die Erweiterung des Gewerbegebiets.

Wenn Gerhard Dittes über den Rüdtwald im Teilort Gölshausen spricht, dann kann er dabei durchaus deutlich werden. Der Sprecher des Bürgerarbeitskreises Bretten, der sich seit Jahren für den Erhalt des Walds einsetzt, geht mit den Plänen der Stadträte hart ins Gericht: ,,Eine Abholzung ist ökonomischer und ökologischer Unsinn“, sagt er. Ökonomischer Unsinn deshalb, weil es seiner Ansicht nach ausreichend Gewerbeflächen in Bretten und Umgebung gibt. Zudem koste die Erschließung mehrere Millionen Euro. ,,Und das für die Erweiterung eines Gewerbegebiets‘ in dessen erstem Bauabschnitt schon einige Firmen in die Insolvenz gegangen sind“, Dittes zeigt auf leer stehende Bürokomplexe, brachliegende Flächen gebe es zudem. Ökologischer Unsinn sei die Abholzung, weil in dem Mischwald seltene Arten gesichtet wurden die auf der roten Liste der Europäischen Union stehen.
Hinzu kommt, dass der Rüdtwald zwar städtischer Besitz, aber auch Teil des Naturparks Stromberg-Heuchelberg ist und umgewidmet werden muss. Dieses und andere Verfahren stehen kurz vor dem Abschluss und in der Kritik. ,,Hier sind Fehler gemacht worden“, so Dittes. So sei die Schmetterlingspopulation gar nicht untersucht worden. 95 Falterarten haben die Naturschützer selbst gesichtet. Dittes versteht auch nicht, warum Oberbürgermeister Metzger in der Vergangenheit die Angebote von Vertretern der Umlandgemeinden zur interkommunalen Zusammenarbeit ausgeschlagen hat und Gewerbeflächen nicht gemeinsam mit ihnen nutzen will. Das wird immerhin von der Landesregierung massiv gefordert, gleichzeitig gibt es aus Stuttgart wieder und wieder so genannte Flächenspar-Appelle. Trotzdem befürchtet Dittes, dass mir der Abholzung am 15. Januar begonnen wird.
Für die Mitarbeiter der Stadtverwaltung Bretten wirken die Aktivitäten von Dittes und seinen Mitstreitern wie ein rotes Tuch. Und so ist es nicht verwunderlich, dass sie die Sachlage anders bewerten.,, Die Aufgeregtheiten können nur diejenigen verstehen, die reine Naturschutzpolitik betreiben“ sagt etwa der Oberbürgermeister. Er dagegen habe das gesamte Bretten im Blick. ,,Was glauben sie, wie groß das Geschrei in der Stadt ist, wenn ich Gelder für eine Ganztagesschule streichen muss“, stellt er einen Zusammenhang zwischen Wirtschaftskraft und Investitionen in Bildung her.
In den vergangenen Jahren habe er 44 Hektar Industriebrache reaktiviert und damit die Möglichkeit eröffnet, die Industriebetriebe an einer Stelle anzusiedeln. Neun Stadtteile habe er so vor einer Zersiedelung bewahrt, erklärt Metzger und fährt fort: Die 22 Hektar Erweiterungsfläche im Rüdtwald würden keineswegs wahllos abgeholzt. Man brauche sie vielmehr, um den Bedarf decken zu können. Genaue Angaben, wie viele Unternehmer schon angefragt haben, nennt der Rathauschef jedoch nicht.

Trotzdem will er den Vorwurf der Flächenverschwendung nicht gelten lassen. Bretten liege dabei im Vergleich zu anderen Städten im Land schließlich am unteren Ende sei der Skala, wofür die Stadt vor fünf Jahren von der Landesregierung ausgezeichnet wurde.
Bleibt die Frage nach einer Kooperation mit Amtskollegen aus umliegenden Gemeinden. Dazu sei er durchaus bereit, stellt Oberbürgermeister Metzger fest. Er schränkt aber ein: ,,Als Mittelzentrum und Große Kreisstadt haben wir besonderen Eigenbedarf, den es primär zu decken gilt.“ Wann er tatsächlich damit anfangen möchte, das lässt das Stadtoberhaupt offen. Sicher ist lediglich: Noch in diesem Jahr sollen alle notwendigen Planverfahren abgeschlossen sein. Mit der dei tatsächlichen Erschließung solle dann dei begonnen werden, ,,wenn Bedarf ist“, sagt Metzger.

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