Leserbrief : Legitime Form des Protestes

Betrifft: Kommentar „Seltsamkeiten…“ vom 9. September. Wer oder was ist die Stadt? Die Bürger sind die Stadt. Auf Grund unserer Verfassung (auch der Kommunalverfassung) haben die Bürger das Recht, dass alle Entscheidungen in der Kommunalpolitik sich einzig und allein am Wohl der Bürger zu orientieren haben. Wenn sich Organisationen und Bürger in der Stadt gegen die selbstherrlichen Beschlüsse von OB und Stadtrat zur Wehr setzen, ist das keine Seltsamkeit, sondern die legitime Form des Protestes gegen Willkür und Verdummung.

Verdummung der Bürger liegt vor, wenn mit abnormalen Begriffen wie „Dachmarke“, sanfter Tourismus“, „Viabono-Modellregion“, „umweltgerechte Vorzeichen“, „Entsiegelungsbilanz“, „Industriekarussell“, „Flächenmanagement“ Sprache unverständlich gemacht wird und so hehre Ziele vorgegaukelt werden. „Viabono“ ist ja „der gute Weg“ und den muß man zumindest auf dem Papier beschreiten, da Papier geduldig ist.
Aber die Bürger sind nicht aus Papier. Wer schadet wirklich der Stadt?
Verdummung der Bürger liegt vor, wenn der Bezirk „Stadtkern“ nach Belieben vom Ordnungsamt neu definiert wird, nur um den Umtrieb, lauthalser Gaststätten und Öffnungszeiten bis 23 Uhr zu legitimieren. Das ist halt „sanfter Tourismus“. Wer schadet wirklich der Stadt?

Verdummung liegt vor, wenn der OB diese Öffnungszeiten sarkastisch so kommentiert, dass man ja schließlich Sommerzeit hat und es um 23 Uhr eigentlich erst 22 Uhr ist. So können dann alle Arbeitnehmer morgens um 6.00 Uhr sagen, es ist ja eigentlich erst 5.00 Uhr, bleibe ich also noch eine Stunde liegen.Damit habe ich ja zumindest rechnerisch wieder meine acht Stunden Schlaf und kann das Bruttosozialprodukt wieder ankurbeln – wären da nur nicht die Folgeerscheinungen dieser bürgernahen Öffnungszeiten wie Gejohle, Gehupe und Sachbeschädigungen bis tief in die Nacht. Schon wieder „sanfter Tourismus“. Wer schadet wirklich der Stadt?

Verdummung liegt vor, wenn die Polizei rät, erst einmal mit den Verursachern von Ruhestörungen zu reden. Dann müsste der Bürger Tag und Nacht nur Gespräche mit uneinsichtigem und aggressivem Gesindel führen und sich die Schnauze verhauen lassen. Wer schadet wirklich der Stadt?

Verdummung liegt vor, wenn zum Peter-und-Paul-Fest der Stadtrat einhellig beschließt, den Gaststätten eine durchgehende Öffnungszeit zu genehmigen. Denn wäre das nicht so, besteht ja die Gefahr, dass in den Lagern die Besoffenen ihr Unwesen treiben.So bleiben die Lager sauber, das besoffene Pack haben die Bürger zu akzeptieren. Wieder „sanfter Tourismus“. Wer schadet wirklich der Stadt?

Verdummung liegt vor in der Sache Rüdtwald. Gegen den eindeutigen Willen der Mehrheit der Bürger beschließt der Stadtrat dessen Nutzung als Gewerbegebiet. In der Begründung bedient man sich genau des sprachverwirrenden Jargons um die Bürger zu verarschen. Wer schadet wirklich der Stadt?

Ich frage mich hier, wo der Stolz Brettener Bürger bleibt, die bei Wahlen nicht eindeutige positive Veränderungen erzwingen. Verdummung liegt vor, wenn Wettgeschäfte in der Kernstadt eine Lizenz auch für Samstag und Sonntag bis 22 Uhr erhalten und nebenbei eine Bewirtschaftung betreiben dürfen. Wettgeschäfte aller Art sind staatliches Monopol und stehen auf einem illegalen Boden. Aber das Ordnungsamt hat vor Peter-und-Paul alle Hände voll zu tun und für Klagen der Betroffenen beim besten Willen keine Zeit. Nach Peter-und-Paul hat es beim besten Willen keinen Willen, um für Ordnung zu sorgen. Hauptsache, es gibt den „sanften Tourismus“. Wer schadet wirklich der Stadt?

Verdummung liegt vor, wenn behauptet wird, dass die Errungenschaft der Stadtbahn den Zuzug nach Bretten verstärkt und den Einzelhandel fördert. Der spielt wegen mangelnder Quantität, Qualität und Preisgünstigkeit überhaupt keine Rolle. Im Gegenteil wird die Stadtbahn nur als willkommene Alternative zur Stadtflucht benutzt – denn was hier nicht im Angebot zu lukrativen Preisen steht, besorgt sich der Bürger in Karlsruhe oder Pforzheim. Wer schadet wirklich der Stadt?

Ich wünsche mir von allen Bürgern unserer Stadt die Bewahrung der Identität, Mut zum Protest gegen Verdummung und Schädigung unveräußerlicher Bürgerrechte so wie der BAK, der BUND und Heidi Leins dies wagen. Bürger, wehrt euch und bringt das in zukünftigen Wahlen sowie zwischenzeitlichen lauten Protesten klipp und klar zum Ausdruck.

rot markierter Text wurde von der Redaktion nicht veröffentlicht

Dieter Gebert
Friedrichstraße 5
Bretten

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5 Antworten zu Leserbrief : Legitime Form des Protestes

  1. ghg sagt:

    @ Matz am 11. Februar, 2013

    Hat sich seit 2004 in der Brettener Kommunalpolitik irgendetwas positiv verändert?

    Es hat bisher niemand gemeint, dass die Auslassungen im obigen Leserbrief – rot markierter Text – einer Zensur gleichkämen.

    Nur aus Platzgründen sind die Auslassungen bestimmt nicht vorgenommen worden. Es ist dabei zu bedenken, dass die Wochenzeitung gleichzeitig auch noch Amtsblatt der Stadt Bretten ist.

  2. h - z sagt:

    Vielleicht stecken die zitierten Verdummungen der Brettener Wählerinnen und Wähler in einem falschen Verständnis der Akteure für ihr Wahlamt, wenn sie meinen könnten, dass sie auch

    AUSERWÄHLTE

    und nicht nur Gewählte seien?

  3. Matz sagt:

    diesen Leserbrief kann man nicht oft genug empfehlen und lesen!

  4. mm sagt:

    Immer wieder faszinierend,wie zutreffend Leserbriefe sein können, auch wenn sie schon vor über 2 Jahren geschrieben wurden! Wahr bleibt eben wahr und Volksverdummung das Geschäft der (Kommunal-)Politik

  5. Matthias Menzel sagt:

    Meine Hochachtung, hier hat der Leserbriefschreiber die Situation in Bretten präzise beobachtet und treffend kommentiert. Dieser Leserbrief sollte der Firma Viabono zugesandt werden, denn hier sollte doch wohl der Bock zum Gärtner gemacht werden!!

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