Leserbrief : Finanzieller Analphabetismus

Zur Berichterstattung über den Brettener Haushalt 2004:

Vor Überschuldung und Gigantismus warnte Herbert Vogler (FWV) schon vor Jahrzehnten. Das alles wurde von der Verwaltung „als Erbsenzählerei“, wie von Frau Leins richtig formuliert, abgetan. Auch die christlich und sozial orientierten Fraktionen haben sich hier nicht mit Ruhm bekleckert. Es stellte sich wiederholt heraus, dass nur die zwei kleinsten Fraktionen – FWV/LUB und die Grünen – kritische und kompetente Kommentare zum Haushalt beigetragen haben. Für das finanzielle Desaster lässt sich die Verantwortung nur zu einem geringen Teil an die Landes- und Bundespolitik abschieben, weil hausgemacht. Das belegt auch die Aussage vom OB, als er sagte, „dass überproportional Grundstücke gekauft wurden“. Waren hier Grundstücksspekulationen mit Steuergeldern im Spiel?

Neben dem in den BNN abgebildeten Schaubild mit ausgewiesenen 9,76 Millionen Gewerbesteuereinnahmen für das Jahr 2003 steht allerdings im Text nebenan die Behauptung vom OB, dass es „mehr als 13,3 Millionen gegeben habe“. Was stimmt hier nicht?!
Dass die Kreditaufnahmen von 4,05 Mio Euro vorwiegend für den Kapitaldienst verbraucht werden (1,56 Mio für die Tilgung und rund 1,7 Mio für die nicht erwähnte Zinszahlungen, ergibt 3,26 Mio Euro) ist der Berichterstattung nicht zu entnehmen.
Wenn angeblich ständig steigende Zahlen der Arbeitsplätze und tatsächlich immer geringere Lohnsteuereinnahmen dagegen stehen, dann lässt sich das wohl nur mit steigenden Zahlen der Berufspendler und nicht mit steigenden Arbeitsplätzen für die Brettener erklären. Selbst die geringsten Personalkosten, nach der Berechnung des Bundes für Steuerzahler, werden ad absurdum geführt, wenn man die Durchschnittsgehälter von fast 50 000 Euro pro Nase und Jahr (der Durchschnitt sollte sich bei zirka 35 000 bewegen) zugrunde legt. So lassen sich die zurückgehende Dienstleistungen des Rathauses nur damit erklären, dass es mehr Häuptlinge als Indianer gibt.
Für die scheinbar unehrliche Darstellung der Zahlen hält eine Studie der Berteismann Stiftung noch ein viel vernichtenderes Ergebnis parat – „finanzieller Analphabetismus in Deutschland“. Da müssten die Bildungsverantwortlichen also die ganze Arbeit geleistet haben. Möglicherweise ist in Bretten eine Mischung von allem, wenn der Stadtrat Müller, richtigerweise von „der Talfahrt in Richtung Kollaps, die unvermindert weitergeht“, spricht.
Jetzt die Probleme schön reden zu wollen, oder falschen Optimismus bei gleichzeitiger Belastung zu verkünden, ist weder seriös noch zulässig, weil dadurch die gesamte Zivilisation gefährdet sein kann.

Franz Cizerle
Fichteweg 8
Bretten

* der rot markierter Text des Leserbriefes wurde nicht abgedruckt

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