Leserbrief: Stadtplanung ist komplexer

Leserbriefvon Gunter Lange
Ganz so einfach , wie es die Brettener Woche in ihrem Artikel am 25.6.2014 impliziert, ist Stadtplanung leider nicht. Da geht es nicht nur in wirtschaftsfördernder Weise darum: Wer will auf welche Brache, wir machen den Weg frei. Stadtplanung ist eine integrative, fachübergreifende städtebauliche Ordnungsaufgabe, die alle öffentlichen und privaten Belange, wie sie im Baugesetzbuch aufgeführt sind, ins Auge zu nehmen hat. Das Baugesetzbuch führt in 12 Punkten allein mehr als 40 öffentliche Belange an. Daraus sind die für eine Abwägung bedeutsamen Belange zu ermitteln und miteinander sowie untereinander abzuwägen, um daraus ein optimales Konzept zu schmieden.

Ich gebe Frau Meyer 100 % Recht mit der Einschätzung, dass dies in dem Moment hätte begonnen werden müssen, als man entschied, die Brettener Industrie-Immobilien im Süden mit Steuergeldern von Bund, Land und Stadt aufzukaufen und abzuräumen. Vermutlich ist dies in irgendeiner Weise auch geschehen, aber offenbar so, dass der Bürger davon zu wenig mitbekommen hat. So gesehen kann auch der Standort einer Moschee nur im Rahmen eines Gesamtkonzeptes unter Abwägung aller Belange und aller möglichen Standorte nachvollziehbar festgelegt werden.

Ein ganz wichtiger Belang für ein Stadtentwicklungskonzept ist aber die künftige Verkehrs-Infrastruktur. Ein zügiger Verkehrsfluss innerhalb und um die Kernstadt herum ist ein entscheidender Faktor – nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Wirtschaft, sowie anzusiedelnde Betriebe und Dienstleister. Ich halte es daher für eine unverantwortliche Haltung, die Entlastungs-Trasse für den Durchgangsverkehr der B 294 einfach „in die Sterne zu schreiben“ und nicht nach einer weiteren Alternative zur Westtangente zu suchen. In diesem Sinne hatte m. W. das Stadtplanungsamt schon 2009 einen zweiten Trassen-Vorschlag erarbeitet und in seiner Entlastungswirkung durchrechnen lassen. Beide Trassen-Varianten seien für die Fortschreibung des Bundesverkehrswege-Bedarfsplanes in Berlin eingereicht. Daher muss die Stadt m. E. das Ergebnis dieser Fortschreibung 2015 abwarten, beide Trassen mit ihren noch möglichen Anschlussmöglichkeiten frei halten und nicht durch Grundstücksverkäufe verbauen lassen. Anderenfalls ersticken auch die herbeigewünschten Betriebe irgendwann im absoluten Verkehrsstau.

Gerade für neue Betriebe und Dienstleister ist ein entscheidender Standort-Faktor die künftige Lage der B 294. Ist für die einen eine ruhige Umgebung für ihre Kreativität wichtig, wollen andere ausschließlich sichtbar an stark frequentierten Bundesstraßen ansiedeln. Die Chance, mit einer entlastenden neuen B 294 in eine frühere Dringlichkeit zu kommen, ist umso größer, je besser das Kosten-Nutzen-Verhältnis ist. Daher sollte m. E. die Überprüfung und Entscheidung des Bundesministeriums im Jahr 2015 abgewartet werden, weil sich danach auch die Bodenpreise und die Nutzungen richten müssten. Dies sollte die Stadt aber nicht daran hindern, schon jetzt für beide Entscheidungsmöglichkeiten Nutzungskonzepte zu entwickeln und verfahrensmäßig weiter zu behandeln. Manchmal muss man vielleicht zweigleisig fahren.

Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :

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Eine Antwort zu Leserbrief: Stadtplanung ist komplexer

  1. H. G-R sagt:

    Was Gunter Lange schreibt, mag ja stimmen.

    Nur die kommunale Wirtschaftsförderung ist weiterhin keine hoheitliche Pflichtaufgabe, sondern eine freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe. Es ist durchaus vorstellbar, dass in Verhandlungen bei Haushaltssicherungsfragen die Stadt Bretten Kürzungen ausgesetzt ist.

    Dem kann abgeholfen werden, indem Förderprogramme für die Wirtschaftsförderung zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für private und gewerbliche Investitionen beim Regierungspräsidium Karlsruhe Fachbereich 62 Strukturpolitik/Landesentwicklung nachgefragt werden.

    Weil jedoch in Bretten eine Wirtschaftsförderung besteht, muss die Stadtentwicklung die stratgischen Grundlagen für eine weitere Entwicklung der Stadt erarbeiten. Sie handelt also im Vorfeld und in direkter Abstimmung mit der Wirtschaftsförderung.

    Projekte und Aufgaben der Stadt sind dementsprechend nur darzustellen, wenn sie von besonderer Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Bretten sind. Die Verknüpfungen, Abstimmungen und Synergien zu den o.g. Projekten und Maßnahmen der Wirtschaftsförderung sind durch eine gemeinsame Organisationsstruktur im Amt des Oberbürgermeisters und in einem gemeinsamen Sachgebiet zu gewährleisten.

    Ob das von den in Frage kommenden Personen in der Wirtschaftsförderung (Bohmüller), Stadtentwicklung (Braun) und im Amt des OB (Wolff) so gehandhabt wird, entzieht sich meiner Kenntnis.

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