Stellungnahme zum geplanten Baugebiet Bergel Gemarkung Gölshausen

bund-logoFrühzeitige Beteiligung der Behörden, sonstigen Träger öffentlicher Belange, Interessenverbände gem. § 4 Abs. 1 BauGB und § 74 Abs. 7 LBO
Gemeinsame Stellungnahme der nach § 63 BNatSchG sowie § 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannten Verbände:
• Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Landesverband Baden-Württemberg e. V.
• Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg e. V. (LNV)
• insbesondere: Naturfreunde Baden e. V.
Hier auszugsweise die wichtigsten Kritikpunkte: (Angaben der Stadt Bretten „kursiv“)

➥ Nach dem Bundesbaugesetzbuch darf eine Gemeinde nur dann ein neues Baugebiet ausweisen, wenn der Bedarf nachgewiesen ist.
Für das Baugebiet „Auf dem Bergel“ im Ortsteil Gölshausen begründet die Stadt Bretten den Nachweis wie folgt:

„Unter der Annahme eines Eigenbedarfs von 0,5 % der Wohneinheiten pro Jahr durch die weitere Senkung der Wohnungsbelegungsdichte ergibt sich für den Zeitraum von 2010 bis 2025 bei einem Bestand von 736 Wohnungen , die am 31.12.2010 von 1.692 Gölshausnern bewohnt werden, rein rechnerisch ein Bedarf von 55 Wohnungen. Wenn durchschnittlich 2,33 Einwohner je Wohneinheit angenommen werden, resultiert daraus, bei einer Einwoh­nerdichte von 60 Einwohnern/Hektar, ein rechnerischer Bedarf von ca. 2 Hektar an Brutto­wohnbauflächen für den Stadtteil Gölshausen. Unterstellt man, dass davon in den nächsten 8-10 Jahren rund 0,7 ha in dem hier geplanten Wohngebiet gebunden werden und durch Zuzüge von Außen sowie durch den Eigenbedarf aus dem restlichen Stadtgebiet weitere 120 Einwohner in diesem Wohngebiet Fuß fassen, so ist ein neues Wohngebiet mit einem Flächenumfang von 3,3 ha gerechtfertigt.“ „Mit dieser Wohngebietsentwicklung….. kann über den Eigen­bedarf hinaus in Gölshausen der Siedlungsflächenzuwachs befriedigt werden.“

Mit Annahmen und Unterstellungen ein Baugebiet rechtfertigen zu wollen, widerspricht den Vorgaben des Bundesbaugesetzbuches.

Bedarf
Es fehlt ein fundierter Bedarfsnachweis. Deshalb bitten die Naturschutzverbände um detaillierte Angaben hinsichtlich der Nachfrage nach Wohnbauplätzen.

Die Karte zeigt die Lage des Baugebiets Bergel in Gölshausen

Abwasser
„Regionalplanerische Belange stehen der Siedlungserweiterung also nicht entgegen“.
➥ Der ausdrückliche Hinweis im Regionalplan, dass der Ortsteil Gölshausen hochwassergefährdet ist, wird verschwiegen.

„Dazu ist in der Brahmsstraße das bestehende Abwassersystem dem heutigen Stand anzupassen und die Neuverlegung eines Regenwasserkanals erforderlich“.
➥ Es fehlen Angaben, in welchen Vorfluter bzw. Regenüberlaufbecken dieser Regenwasserkanal münden soll. Auch fehlen Daten zur anfallenden Niederschlagsmenge und zur Auslastung/Abflusskapazität des Hauptsammlers (unter der B 35 im Bereich Pendlersiedlung / Franz-von-Sickingen-Weg).
➥ Es wird nicht dargelegt, warum es erforderlich ist „das bestehende Abwassersystem dem heutigen Stand anzupassen“.
Es „soll die Nutzung des Regenwassers als Brauchwasser forciert werden.“
➥ Dies steht im Widerspruch zur Aussage „Die Hälfte des Volumens kann zur privaten Nutzung verwendet werden“.
Warum darf nur die Hälfte des Regenwassers privat genutzt werden?

„Auf den Dachflächen anfallendes Regenwasser ist über ein getrenntes Rohrsystem in Retentionszisternen mit gedrosseltem Abfluss von 0,3 l/sec. auf dem jeweiligen Baugrundstück zu leiten. Das Fassungsvermögen muss mindestens 50 l/m² projizierter Dachfläche betragen.
Die Hälfte des Volumens kann hierbei zur privaten Nutzung verwendet werden. …. Die Zisternen sind durch einen rückstaugesicherten Überlauf an den öffentlichen Regenwasserkanal anzuschließen.“

➥ Es fehlen die Datengrundlagen nach denen die Werte 0,3 l/sec bzw. 50 l/m² berechnet wurden.

Geotechnik
„Es wird bereichsweise von Lösslehm und Schwemmlöss unbekannter Mächtigkeit überlagert,
die lokal setzungsempfindlich und von geringer Standfestigkeit bzw. Tragfestigkeit sein können. Örtlich können Verkarstungserscheinungen angetroffen werden.“

➥ Welche (finanziellen) Folgen das für Häuslebauer haben kann, wird nicht erwähnt.(Stützmauern, instabiler Untergrund)

Boden
In der 1. Gesamtfortschreibung des FNP wurden die Ergebnisse der agrarstrukturellen Vorplanung nicht berücksichtigt: „es handelt sich um sehr gute Ackerböden. Die Fläche ist als Vorbehalts- und Vorrangflur für die Landwirtschaft ausgewiesen.
➥ Das Naturgut Boden wurde nicht bewertet. Entsiegelungsmaßnahmen außerhalb des Plangebietes wurden nicht vorgeschlagen.
Der Verlust landwirtschaftlicher Flächen ist irreversibel und damit nicht ausgleichbar. Diese Böden sind der landwirtschaftlichen Nutzung vorzubehalten.

Geschützte Tierarten
„Um den Verlust an Strukturen auszugleichen, sind in den Ausgleichsflächen Nistmöglichkeiten für Vögel, Fledermauskästen und Nisthilfen für Wildbienen anzubringen.“
➥ Ein Ausgleich für den Verlust der Nahrungsbiotope fehlt. Ein Großteil der Wildbienen benötigt zur Anlage ihrer Nester im Boden (!) geeignete Flächen.

„Das Gutachten kommt zu der Einschätzung….“
➥ Auf der Grundlage einer „ökologischen Übersichtsbegehung“ wird „eingeschätzt“, nicht nachgewiesen und durch gründliche Untersuchungen belegt! Das Gutachten fehlt! Die Stadt Bretten führt an, dass über eine artenschutzrechtliche Einschätzung hinaus auch eine spezielle artenschutzrechtliche Untersuchung durchgeführt wurde. Die Untersuchungsergebnisse liegen den Unterlagen nicht bei. Wir bitten diese uns im Nachgang zur Verfügung zu stellen.

Ausgleichs- und Minimierungsmaßnahmen
Insgesamt ist zu bemängeln, dass die notwendigen Ausgleichsmaßnahmen, die außerhalb des Planungsgebiets durchgeführt werden müssen zwar angesprochen aber nicht genau bezeichnet werden. Dies ist nachzuholen.
Nach wie vor werden Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen auf privaten Grundstücken von uns abgelehnt. Der Gesetzgeber schreibt vor, dass diese dauerhaft gepflegt und unterhalten werden müssen. Die Stadtverwaltung hat bereits mehrmals geäußert, dass sie es nicht leisten kann, die Auflagen bzw. die Funktionsfähigkeit dieser zu überprüfen. Hinzukommt die Tatsache, dass derartige Maßnahmen innerhalb von Baugebieten keinen Ausgleich darstellen für unbeeinträchtigte Lebensräume oder eine Lebensstätte in der freien Natur.

Das Vorkommen geschützter Tier- bzw. Pflanzenarten ist auf einem Bestandsplan in einem gut lesbaren Maßstab darzustellen, vorzugsweise M 1:1000. So ist beispielsweise nicht ersichtlich, wo ggf. Höhlenbäume stehen.
In den vorliegenden Unterlagen ist nicht ersichtlich, wo sich die Überwinterungsstätten der Zauneidechsen und deren Sommerhabitate befinden.
Im Textteil ist erwähnt, dass eine artenschutzrechtliche Untersuchung vorgenommen wurde. Das Ergebnis dieser liegt den Unterlagen nicht bei. An anderer Stelle ist erwähnt, dass im März 2012 eine Übersichtsbegehung durchgeführt wurde. Auch hierzu fehlen Unterlagen hinsichtlich der Ergebnisse.
Da nicht zweifelsfrei auszuschließen ist, dass durch das geplante Baugebiet streng geschützte Arten beeinträchtigt werden, fordern wir eine artenschutzrechtliche Prüfung. Eine Übersichtsbegehung im März ist völlig unzureichend um Sicherzustellen, dass keine artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände ausgelöst werden.

„Um einen Beitrag zur Verbesserung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes zu leisten …“
Durch das geplante Baugebiet wird kein Beitrag zur Verbesserung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts erzielt. Vielmehr wird Boden unwiederbringlich versiegelt und Biotope für Pflanzen und Tiere zerstört, ohne dass dafür ein entsprechender Ausgleich geschaffen wird. Wir appellieren noch einmal an die Planungsverantwortlichen, Plan externe Ausgleichsmaßnahmen festzusetzen und davon Abstand zu nehmen innerhalb des Plangebietes Pseudo-Ausgleichsmaßnahmen festzulegen die den Eingriffen bei weitem nicht genügen.

Klima
„Im Kraichgau …sind offene, unbebaute Landschaftsteile, die für den Luftaustausch sorgen, besonders wichtig.“
➥ Die Frischluftversorgung für den ganzen Ortsteil wird sich durch die Bebauung verschlechtern. Folgen für die Bewohner werden nicht aufgezeigt. Wir bitten um entsprechende Stellungnahme bzw. Angaben dazu wie dieser Eingriff kompensiert wird.

Als Beitrag zur Umsetzung von Klimaschutzzielen sehen wir es als geboten an, die Nutzung von Solarenergie – sei es thermisch oder photovoltaisch – zwingend vorzuschreiben. Weiterhin soll festgesetzt werden, dass die Häuser nach dem neuesten Stand der Bautechnik (Energiesparhäuser, Null-Energiehaus) auszuführen sind.

Verkehrsbelastung
„Aufgrund dieser Konzeption wird die Verkehrsbelastung im Innern des Gebietes verringert“.
➥ In Bretten kommen auf 100 Einwohner rund 66 Kraftfahrzeuge. Das Baugebiet ist für 219 Einwohner konzipiert. Folglich werden 150 zusätzliche Kraftfahrzeuge den innerstädtischen Ziel- und Quellverkehrs erhöhen. Wir bitten zu diesem Punkt Stellung zu nehmen.

Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :

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5 Antworten zu Stellungnahme zum geplanten Baugebiet Bergel Gemarkung Gölshausen

  1. G. H. sagt:

    @ Matz
    Zum letzten Absatz Ihre Kommentars von gestern:

    Wenn man jahrzehntelang Steigbügelhalter für die Parolen des Vorsitzenden war, dann fällt es äußerst schwer, diese populistischen Parolen endgültig aus dem Kopf zu bekommen.

    Merke: Der Mensch ist ein Gewohnheitstier!
    Er klammert sich an das alte Schlechte. Für das neue Gute ist er verschlossen.

    Zur Erinnerung: Die gefällte Rüdtwaldfläche sollte für potentiell vorhandene Neuansiedler und für in Gölshausen bestehende Unternehmen zur dringenden händeringenden Erweiterung vorgehalten werden.

    Und wer hat sie gekriegt?

    In den Fußstapfen seines Vorgängers steht sein Nachfolger, d.h. vergleichbare Parolen hat er übernommen und schippert mit seinem Gremium selbstgefällig weiter. Wann wacht die Brettener Bevölkerung auf? Wie lange noch nimmt sie diese kommunalpolitischen Irrfahrten hin?

  2. Matz sagt:

    anfügen zum Kommentar von B.Rain möchte ich noch, dass es sich bei den drei Millionen Hektar überwiegend um gerodeten Regenwald bzw. Urwald handelt. Zudem sind diese Böden schlecht für Landwirtschaft geeignet und werden nach wenigen Jahren wertlos, was wieder neue Abholzungen nach sich zieht! Wir dagegen haben landwirtschaftliche Vorrangflächen mit Spitzenböden, die wir mit Bau- und Industriegebieten zubetonieren.
    Derweil plappern die Gemeinderäte, auch die Grünen, sich gegenseitig die Parolen vor, von mehr Gewerbefläche=mehr Beschäftigung=Bevölkerungswachstum=neue Baugebiete. Ist das mangelnde Weitsicht, mangelnde Einsicht, Unvermögen, Engstirnigkeit?

  3. B. Rain sagt:

    Gemeinderäte haben die Aufgabe die Verwaltung zu beraten. Ihre Ratschläge sollen nachhaltig sein, die Brettener Bevölkerung und nachfolgende Generationen vor Schaden bewahren. Wer nicht vermehrbares Ackerland durch fortgesetzte Ausweisung von Baugebieten vernichtet, handelt nicht nachhaltig. „Es handelt sich um sehr gute Ackerböden“, die unwiederbringlich verloren gehen. Unsere Ernährung kann zur Zeit nur gesichert werden, weil wir die Ackerflächen anderer Länder nutzen (z.B. in Nord- und Südamerika). So nutzt Europa rund 3 000 000 ha (drei Millionen Hektar !) außerhalb seiner Grenzen. Nur deshalb sind die Regale in den Lebensmittelgeschäften prall gefüllt. In Krisenzeiten kann sich das schnell ändern. Wir Brettener können dann aber nicht mehr auf unsere versiegelten, ehemals fruchtbaren Ackerböden zurückgreifen.

  4. h - z sagt:

    … „Mit Annahmen und Unterstellungen ein Baugebiet rechtfertigen zu wollen, widerspricht den Vorgaben des Bundesbaugesetzbuches.“ …

    Die städtischen Begründungen beruhen auf Annahmen, die so gar nicht vorhanden sind. Man darf jedoch keine Bösartigkeit unterstellen, wenn mangelndes Sach- und Fachverständnis als Erklärung ausreichen.

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