Leserbrief zu „irrationalen“ Bürgern, die keinen Nutzervertrag mit der Fa. BBV für einen Glasfaseranschluss abgeschlossen haben

von Gunter Lange
zu Bericht und Kommentar in der BNN vom 26.5.2018 „Irrational“
Die Kritik der FWV-Politiker und des Kommentars in der BNN vom 26.5.18 an den „irrationalen“ Bürgern, die keinen Nutzervertrag mit der Fa. BBV für einen Glasfaseranschluss abgeschlossen haben, geht eher am Thema vorbei.
Aus meiner Sicht gehören wichtige Infrastrukturnetze, ihr Betrieb, sowie Unterhaltung und Kontrolle generell in die Hand des Staates. Ein Glasfasernetz, welches hochsensible Daten transportiert, aus Sicherheitsgründen erst recht. Ein in viele Einzelnetze aufgeteiltes System in Deutschland gehört nicht in die Hände einer rein Rendite orientierten freien Marktwirtschaft, die wie selbst die privatisierte Bahn AG lukratives Rosinenpicken betreibt. Eine freie Marktwirtschaft darf und soll auch sozial sein, d. h. auch Sicherheit und Gleichheit garantieren. Dazu sollte man wichtige, mit Steuergeld zu finanzierende Infrastruktur in staatlicher Hand lassen. Dass man so z. B. auch einen flächendeckenden Nahverkehr bedarfsgerecht und sicher betreiben kann, haben die KVV unter Herrn Ludwig überzeugend bewiesen.

Hätte also unsere Bundesregierung für die Vierte Industrielle Revolution 4.0 Deutschland richtig aufstellen wollen, was in der Tat in der unberechenbar gewordenen globalisierten Welt überlebensnotwendig ist, dann hätte sie ein Gesetz erlassen, welches den Aufbau eines bundesweiten, flächendeckenden Glasfasernetzes in die Hand des Staates legt und für dieses Netz, wie beim Wasser- und Abwassernetz, einen Anschlusszwang erlassen. Dummerweise wurden aber schon alle staatlichen Fachleute in die Privatisierung der Telekom überführt. Ziel hätte sein müssen, dass der einzelne Nutzer wie beim Strom die volle Freiheit hätte, welchen Provider und welchen Tarif er wählen will. Leider hat unsere Kanzlerin mit ihrer Politik der offenen Grenzen aber anderes mit den „hier schon länger Lebenden“ im Sinn gehabt.

Trotzdem hätte Bretten wie andere Gemeinden sein flächendeckendes Glasfasernetz mit Zuschüssen aber selbst erstellen lassen und im Wettbewerb den tarifgünstigsten Provider suchen können. Ich bin sicher, dass sich dann noch mehr Hauseigentümer für einen Haus-Anschluss gemeldet hätten. Die BBV hat m. W. nie veröffentlicht, wieviel Hausanschlüsse ohne Nutzungsvertrag bei ihr bestellt worden sind. Ich habe auf meinen frühen Antrag auch keine Antwort erhalten. Der springende Punkt für das gebietsweise geringe Interesse an Nutzungsverträgen liegt zum einen daran, dass vier Ortsteile schon vorher mit Glasfaser versorgt waren und zum anderen daran, dass die angebotene Monatgebühr deutlich höher ist als bei vorhandenen Nutzungstarifen mit 16 MB. Wer geht dann das Risiko ein, bei späteren weiteren Tariferhöhungen der BBV widerstandslos ausgesetzt zu sein?

Die vom o.g. Ziel her berechtigte Kritik der FWV-Politiker und des Kommentators richtet sich m. E. an die falschen Adressen und lenkt von den eigentlich Verantwortlichen in Berlin und Bretten ab.

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Eine Antwort zu Leserbrief zu „irrationalen“ Bürgern, die keinen Nutzervertrag mit der Fa. BBV für einen Glasfaseranschluss abgeschlossen haben

  1. H.U. sagt:

    Telekommunikation ist schon lange nicht mehr in Staatsbesitz, das ist unter Kohl geschehen.

    Auch die Energieversorgung ist nicht mehr rein staatlich. Im Übrigen ist auch Staatsbesitz einer Infrastruktur kein Garant für Preisstabilität

    Gerade erleben wir, wie die „Energiewende“ wieder torpediert werden soll, die auf unsere Kosten Privatunternehmen/EVUs reich macht.

    Nebenbei hat man unser Ruhegeld halbiert, was durch stringente Steuerpolitik hätte vermieden werden können.

    Die 100 größten deutschen Unternehmen tragen nur 2.3% zum Steueraufkommen bei! Gibt es da noch Fragen?!

    Unter solchen Aspekten ist die Gebühr für ein stabiles Fasernetz marginal.

    Ich wäre froh um ein stabiles Netz, nachweislich sind Fasernetze am stabilsten, dafür kann man sich meinetwegen ein 3-Tonnen-Auto weniger leisten.

    Man ist einem privaten Anbieter von Telekommunikation nicht „widerstandslos ausgesetzt“. Das ist man nicht mal im Bereich Energie.

    Ich bin von all dem auch kein Freund und kenne die Missstände im Land. Aber man muss nicht alles auf einen Faseranbieter abbilden!Insofern beinhaltet Ihr Artikel einen gerüttelten Anteil Rhetorik.

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