Tagung der Betriebsratsvorsitzenden: Wandel industrieller Arbeit durch Industrie 4.0 – Der Mensch muss eine zentrale Rolle spielen

IG_MetallIndustrie 4.0 bedeutet die umfassende Vernetzung der Produktion Dies werde erhebliche Veränderungen in der Arbeitswelt mit sich bringen. Alle kommunizieren miteinander: Teile, Maschinen, Beschäftigte – und sogar die Kunden. Die Produktion kann so in Echtzeit flexibel umgestellt werden, etwa wenn der Kunde per Internet Sonderwünsche eingibt, so Dr. Constanze Kurz, Ressortleiterin beim Vorstand der IG Metall am letzten Freitag im Hotel Ritter in Büchenau.

Die Beschäftigten dürfen keine Rädchen in der cyber-physischen Fabrik sein, so Constanze Kurz. Die Menschen müssen die Systeme steuern, nicht umgekehrt. Höhere Flexibilität ja – aber nicht auf Kosten der Beschäftigten. Und die Arbeit darf auch nicht prekär sein, mit Niedriglöhnen und Leiharbeit. Wir wollen bessere statt billigere Arbeit. Basis dafür ist eine lernförderliche Arbeitsorganisation. Alle müssen die Chance auf Weiterbildung haben, von den Ingenieuren bis zu den angelernten Beschäftigten.
„Wenn wir von Industrie 4.0 sprechen, dann müssen wir auch von einer Bildungs- und Weiterbildungsoffensive 4.0 sprechen“, so Constanze Kurz. Mehr denn je sei die Fabrik der Zukunft auf eine motivierte, bestens qualifizierte Belegschaft angewiesen, auf Beschäftigte, die sich aktiv einbringen, die mitdenken und mitgestalten – und die hierzu den nötigen Raum vorfinden. Neben der Diskussion über die technischen Auswirkungen, die durch eine umfassende vernetzte und digitalisierte Produktion entstehen, sei es deshalb auch dringend notwendig, die sozialen, ethischen und gesellschaftlichen Aspekte zu beleuchten, die durch Industrie 4.0 entstehen.

IG Metall Bevollmächtigter Eberhard Schneider sieht in der wachsenden Vernetzung von Maschinen die Gefahr, dass Arbeitnehmer stärker überwacht werden. „Das Problem der informationellen Selbstbestimmung ist in der 4.0-Debatte noch unterbelichtet“, sagte Schneider. „Der Servicetechniker kann mit hoher Selbstständigkeit und Eigenverantwortung vor Ort tätig sein. Arbeitet er aber per Internet, läuft er Gefahr, in erheblich stärkerem Maße überwacht zu werden.“

Kritisch sieht Schneider auch, dass sich die Arbeitswelt der Menschen immer stärker an die Anforderungen der Maschinen anpassen wird. „Ich sehe die Gefahr, dass Industrie 4.0 sich darauf reduzieren könnte, die Beschäftigten zum Arbeiten kommen zu lassen, wenn nachts die Strompreise billig sind.

Völlig unklar sei zudem, ob Industrie 4.0 nicht dazu führen wird, dass Arbeitsplätze in der Produktion wegfallen. „Bislang wurde Rationalisierung häufig durch einen Zuwachs beim Marktvolumen aufgewogen. Ob das auch bei Industrie 4.0 der Fall sein wird, ist heute schwer zu entscheiden“, so Schneider. Er sieht in dieser Frage die Gewerkschaften in der Verantwortung. „Wie die Bilanz ausfällt, entscheidet jedenfalls nicht allein die Technik. Da werden die IG Metall und die Betriebsräte ein Wörtchen mitzureden haben.“

Noch nicht absehbar sei auch, wie stark die Vernetzung zu Sicherheitsproblemen führen wird. „Wer garantiert, dass auf dem Weg vom Servicecomputer zur Anlage nicht Infos verlorengehen, Wissen durch Spionage abgegriffen wird?“, so Schneider.

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