Offener Brief an OB/Gemeinderat wegen Konzept Rechbergklinik

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Wolff, sehr geehrter Brettener Gemeinderat,
die LINKE.Bretten erklärt sich mit dem Beschluss des Kreistages – wie schon in unserer Pressemeldung in der BNN vom 06.12.12 geschildert – nicht einverstanden.
Die LINKE.Bretten fordert daher gemäß den Bestimmungen der Landkreisordnung – in Verbindung mit der Gemeindeordnung Baden-Württemberg – die Durchführung einer kommunalaufsichtlichen Prüfung des letzten Kreistagsbeschlusses. Grundlage dieses Antrages ist der Inhalt bzw. Zielrichtung aus § 121 Absatz 1 Gemeindeordnung (GemO). Diese Vorschrift wird – wie die anderen Bestimmungen des Vierten Abschnitts der GemO – durch den § 51 Absatz 2 Landkreisordnung (LkrO) für die Kreisebene für anwendbar erklärt.
Dieses Ersuchen ergibt sich aus folgendem Grund:

Sie, Herr Oberbürgermeister Wolff – vermittels Ihrer Autorität und angesichts Ihrer Pflicht als Stadtoberhaupt – haben es unserer Ansicht nach versäumt, dem Beschluss des Kreistages in ausreichendem Maße und vor allem überzeugend im Interesse Ihrer BürgerInnen widersprochen zu haben. Diesen Beschluß haben Sie somit ohne Not und nicht mit der notwendigen Abwehrenergie hingenommen. Diese Tatsache sieht uns veranlasst, Sie persönlich aufzufordern diesen Kreistagsbeschluss überprüfen zu lassen sowie den Kreistag dazu zu bewegen, die BürgerInnen entscheiden zu lassen, welche Versorgung im Kreis zukunftstauglich ist. Es würde dem Image unserer Stadt gut anstehen, wenn sich der Gemeinderat unserem Begehren anschließen würde, dies hätte vor allem den Vorteil, daß sich gegenüber der Bürgerschaft eine überzeugendere und energischere Vorgehensweise darstellen würde.

Hierzu heißt es im Abschnitt (1) vom § 121 Gemeindeordnung – u.A.: Die Rechtsaufsichtsbehörde kann Beschlüsse und Anordnungen der Gemeinde, die das Gesetz verletzen, beanstanden und verlangen, dass sie von der Gemeinde binnen einer angemessenen Frist aufgehoben werden… Und im Abschnitt (2) vom § 121 Gemeindeordung heißt es: Ein Beschluss der Gemeinde, der nach gesetzlicher Vorschrift der Rechtsaufsichtsbehörde vorzulegen ist, darf erst vollzogen werden, wenn …

Nachfolgend finden Sie massgebliche Gründe für unsere Aufforderung zur Überprüfung des betreffenden Kreistagsbeschlusses:

1. Die Aufteilung der Fachbereiche zwischen Bruchsal und Bretten wurde nicht transparent durchgeführt, sondern ist innerhalb der Holding erfolgt. Die Stadt Bretten als unmittelbar Betroffene wurde zur Konzeption nicht explizit gehört und konnte das öffentliche Interesse und die Gemeinnützigkeitsanforderung nicht prüfen.

2. Der Kreistag hat keine unabhängige Expertenmeinung zugelassen und hat keine unabhängige Expertise eingeholt. Strukturpolitische Auswirkungen für den gesamten Versorgungsraum konnten nicht erörtert werden.

3. Die vitalen Interessen der Stadt Bretten als einem gleichberechtigten Versorgungsstandort neben Bruchsal wurden nicht berücksichtigt; die Rechbergklinik wird nach den Plänen der Holding zu einem Anhängsel der grossen Schwester Bruchsal, was schon allein an den ‚zertifierten’ bzw. ‚nicht zertifizierten’ Kliniksparten sichtbar wird.

4. Im öffentlich rechtlichen Fernsehen wurde dieser Tage der Krankenhausbericht der AOK vorgestellt. Darin werden die Fehlallokationen und Mengenausweitungen thematisiert. Da die Holding bzw. das Handeln der Holding der Gemeinnützigkeit verpflichtet ist, muss darauf basierend eine Überprüfung des Holdingkonzeptes erfolgen und andere Sachverständige in die Konzeption für die Zukunft der beiden Häuser einbezogen werden.

5. Zusammenfassend fordern wir Sie, Herr Oberbürgermeister Wolff, und Sie, die Damen und Herren Gemeinderäte, dazu auf, im Interesse des Standorts Bretten und seiner Bürgerinnen und Bürger nicht klein beizugeben. Wir erinnern an Ihrer beider Verpflichtung, alle Möglichkeiten zu nutzen, das Ausbluten und die Fehlallokation, die durch die Fallpauschalen-Honorierung entsteht zu vermeiden, die Bestandssicherung der „nichtzertifizierten“ Versorgungssparten im jetzigen Konzept für Bretten einzufordern und dem Kreistagsbeschluss anzufügen.

Ausdrücklich zu kritisieren ist das Konzept der Holding, das sich an betriebswirtschaftlichem Gewinn und nicht an gemeinnützigen Zwecken orientiert. Dieses Faktum stellt für sich gesehen schon alleine die Notwendigkeit einer Überprüfung dar gemäß § 121 Absatz 1 Gemeindeordnung (GemO) da es immerhin vor allem direkt um Belange der Brettener Bevölkerung geht.

Die dramatische Analyse der Krankenkassen im letzten Krankenhausbericht – wir setzen voraus, daß Sie ihn zur Kenntnis genommen haben – zeigt, dass es einiges zu tun gibt, um eine zukunftstaugliche Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.

Wir erachten es daher u.a. für sinnvoll, eine unabhängige Expertenkommission, Einzelsachverständige sowie den Verbraucherschutz zu diesem Problem anzuhören.

Da es in diesem Fall um einen Kreistagsbeschluss geht, welcher unserer Meinung nach rechtswidrig unter Verletzung der Obliegenheitspflichten gegenüber der direkt betroffenen Bürgerschaft der Stadt Bretten zustande kam – wir haben dies bereits mehrfach begründet – kommt vor allem folgende Gesetzesgrundlage zur Anwendung, nämlich der § 51 Absatz 2 Landkreisordnung (LkrO).

Diese Vorschrift wird – wie die anderen Bestimmungen des Vierten Abschnitts der GemO – durch den § 51 Absatz 2 Landkreisordnung (LkrO) für die Kreisebene für anwendbar erklärt und somit auf dieser fussend gestützt.

Unter dem § 51 Aufsicht heisst es dort u.a.:

(1) Rechtsaufsichtsbehörde und obere Rechtsaufsichtsbehörde für den Landkreis ist das Regierungspräsidium …

(2) Der Vierte Teil der Gemeindeordnung über die Aufsicht findet auf den Landkreis entsprechende Anwendung.

Sollten Sie, Herr Oberbürgermeister Wolff – oder der Gemeinderat – keine Notwendigkeit sehen, dementsprechend zu handeln, würden sich Bürger der Stadt Bretten ihrerseits genötigt sehen – dies ist gewiss – selbst die Initiative zu ergreifen. In Erwartung einer baldigen Stellungnahme verbleiben wir

Mit freundlichen Grüssen Thomas Bürklin / Ali Cankaya
Ortsverbandsprecher Die LINKE.Bretten

Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :

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3 Antworten zu Offener Brief an OB/Gemeinderat wegen Konzept Rechbergklinik

  1. G. H. sagt:

    …“und nicht eine unnütze Schelte loszujagen“…
    Der offene Brief und sein Loblied im obigen Kommentar sind leider nur voll mit unnützer Schelte – weil deren Inhalte politisch nicht durchsetzbar sind.

    Was man eigentlich auch wissen sollte.
    Die Krankenhausplanung im gegenwärtigen System bedeutet auch stets eine politische Planung.

    Es besteht die Gefahr, dass Planungsentscheidungen – insbesondere mit der Verbindung zu Investitionsentscheidungen – vor dem Hintergrund

    z.B. wahltaktischer Überlegungen

    getroffen werden. Die Politisierung der Krankenhausplanung ist ebenso kritisch unter dem Aspekt des Marktzutritts zu sehen, weil häufig Kreis- und/oder Kommunalpolitiker an der Spitze von öffentlichen Krankenhäusern stehen.

    Es bestehen starke Vorbehalte hinsichtlich der mehrheitlich vom Kreistag beschlossenen Möglichkkeit, den künftigen Bedarf für Krankenhausleistungen am Kreiskrankenhaus Bretten zu prognostizieren.

    Eine sinnvolle Investitionsförderung durch das Land Baden-Württemberg muss das gesellschaftliche Ausmaß und dessen Wirkung berücksichtigen. Hier kann man zustimmen, dass eine nachgefragte Mehrheitsmeinung der Kreisbevölkerung als Entscheidungsgrundlage berücksichtigt werden musste. Dafür ist es jetzt zu spät. Wie denn auch?

  2. G.B. sagt:

    Hallo G.H. Ich bin der Meinung dieser Brief mag vielleicht bei Ihnen amüsant angekommen sein er ist allerding überhaupt nicht amüsant vom Inhalt her. Es wäre besser sich darum zu bemühen eine Einigkeit unter den Bürgern herzustellen und mit dennen zu kooperieren welche wenigstens den Versuch machen etwas zu bewirken und nicht eine unnützige Schelte loszujagen. Denmn es geht hierbei um mehr als nur um eine Pseudoaktivität zu entfachen. Vielleicht nützt es Ihnen aber auch nachfolgenden Kommentar – welchen ich an anderer Stelle hinterlassen habe – einfach nur zur Kenntnis zu nehmen.
    —Kommentar–:
    Ich hoffe das “Dieser Aufruf” – an den verantwortlichen Passivbürgermeister – nicht ohne dementsprechende Reaktion von diesem bleibt -. Das Gleiche würde ich ebenfalls von den beteiligten Gemeinderatsmitgliedern – überparteilich – ebenfalls erwarten. Man kann natürlich der Meinung sein, man habe nur repräsantative Funktion und zu den Ausführenden gehöre man nicht. Wer allerdings eine solche Ansicht hat, sollte allerdings bedenken daß er damit fundamentale Grundsätze in Sachen Demokratie außer Acht läßt und obendrein auch noch verletzt nämlich gegenüber dem Bürger – welcher ihn schließlich gewählt hat -. Jemand der unter solcher Ansicht ein Amt übernimmt und nur noch zum Abnicker wird, sollte es lieber nicht übernehemn.

  3. G. H. sagt:

    Ein schöner offener Brief mit amüsantem Inhalt.

    Krankenhausangelegenheit obliegt dem Kreis und den Kreistagsmitgliedern. Die Stadt Bretten inklusive Gemeinderat ist dabei außen vor.

    Das Regierungspräsidium Karlsruhe – Kommunal- und Rechtsaufsicht – versteckte sich anderweitig regelmäßig hinter seinem ureigenen Ermessensspielraum, um nicht tätig werden zu müssen. Aus der Richtung wird aber auch absolut garnichts kommen.

    Bleiben meines Erachtens nur die Anrufungen von Gerichten (ordentlicher Gerichtsbarkeit und/oder Verwaltungsgerichtsbarkeit).
    Eventuell ist die Anrufung durch ein Kreistagsmitglied hilfreich, wenn es sich in seinen Rechten verletzt fühlt.

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