Produktionsfläche für Nahrungsmittel

Bauernverband kritisiert Flächenverbrauch im Landkreis Karlsruhe / Probleme mit Ausgleichsflächen
Von unserem Redaktionsmitglied Matthias Kuld
Kreis Karlsruhe. Milchpreis, Getreidepreis, Tierkrankheiten — als Vorsitzender des Kreisbauernverbands hat Werner Kunz aus Zeutern ein breites Themenfeld zu beackern. „Eines der drängendsten Probleme“ allerdings erfährt in der Öffentlichkeit nicht die gleiche Beachtung wie die anderen. „Der riesige Flächenverbrauch macht mir Sorgen“, sagt Kunz und breitet eine Liste aus. Die Zahlen stammen von statistischem Landesamt und der Landesanstalt für Entwicklung ländlicher Räume (siehe auch „Stichwort“).


Für den Bauernrepräsentanten ist der Raubbau an der Natur gefährlich: „Wenn wir so weiter machen wie 2007, dann ist der Landkreis in 100 Jahren zugebaut.“ Kunz beklagt den Flächenverbrauch im Kreis Karlsruhe insbesondere mit Blick auf Nachbarlandkreise. Imr flächenmäßig größeren Rhein-Neckar-Kreis wurde zuletzt deutlich weniger Fläche im Jahr überplant als durch Gemeinden des Kreises Karlsruhe. Allerdings ist der immense Verbrauch von 502 Hektar im Kreis Karlsruhe 2007 von Sonderfaktoren beeinflusst.
Es sei wichtig, die Grundfunktionen des Bodens zu verdeutlichen, meint Kunz. Pflanzen produzieren Sauerstoff und entziehen Kohlendioxid. Zudem dient der Boden als Puffer, damit sich Grundwasserspeicher bilden können. Und schließlich ist der Boden vor allem Produktionsfläche für Nahrungsmittel. Für Kunz ergibt sich daraus Folgendes: „Wenn wir weiter Produktionsfläche zubauen, werden die Lebensmittelpreise fast zwangsläufig steigen.“
Bei der Forderung, dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, weiß Kunz das Umweltministerium auf seiner Seite. Dort empfiehlt man den Städte und Gemeinden, innerörtliche Flächen und Industriebrachen zur Bebauung heranzuziehen. Denn in Baden-Württemberg sind es täglich 10,3 Hektar, die zugebaut werden. Für Werner Kunz sind der erste Ansprechpartner ebenfalls die Kommunen. Individuelle Interessen an einem Bau- oder Gewerbegebiet haben dort Vorrang vor einer übergreifenden Planung. Dabei können sich die Bürgermeister dem Grunde nach darauf berufen, dass sie für jede Versiegelung von Landschaft Ausgleichsflächen bereitstellen müssen.
Für Werner Kunz ist auch das problematisch: „Für diesen Öko-Ausgleich werden der Landwirtschaft weitere Flächen entzogen.“ Zwar bemühten sich die Kommunen darum, den Ausgleich in neuen Baugebieten „intern“ — also etwa durch Grüninseln oder Pflanzmaßnahmen — darzustellen, „doch das reicht nicht, es werden auch extern Flächen benötigt.“ Der Bauernvertreter plädiert dafür, für den Ausgleich Rand- und Nischenflächen — in der Sprache der Landwirtschaft: Grenzertragsflächen — zu nutzen. Diese seien oft gut für Pflanzen und Niederwild geeignet.
Auch die Wirtschaft hat das Problem des Flächenverbrauchs zum Nachteil der Landwirtschaft erkannt. Die IHK Karlsruhe schreibt beispielsweise zur Stadtentwicklung „Baden-Baden 2020“ von einem „Bauboom wie in der Nachkriegszeit“ und dem „Verschleiß von offenen Grundstücksflächen“.

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4 Antworten zu Produktionsfläche für Nahrungsmittel

  1. Fragezeichen sagt:

    Man kann Herrn Kunz nur zustimmen, wenn er sagt: “Der riesige Flächenverbrauch macht mir Sorgen“. Jetzt, da das Kind im Brunnen liegt, also Zehntausende Hektar Ackerland unter Beton und Asphalt begraben liegen, macht man sich Sorgen. Hat man die Bauern gezwungen ihre Äcker herzuschenken? Oder hat man jahrzehntelang alles getan damit die „goldene Fruchtfolge“ Kartoffeln, Mais, Bauland eingehalten werden kann? Wurden die Äcker durch die Ausweisung von Neubaugebieten nicht über Nacht zum Goldesel? Warum haben Bauernverbände und Landwirtschaftsämter nicht lauthals protestiert, als hochwertige Ackerböden, die auch noch als „landwirtschaftliche Vorrangfluren“ ausgewiesen waren, an Gemeinden verhökert wurden? Warum wird jetzt der Flächenentzug durch (die gesetzlich vorgeschriebenen ) Öko-Ausgleichsflächen beklagt? Liegt dies etwa daran, dass die Gemeinden für diese Flächen etwa weniger bezahlen wollen? Gibt es dazu statistische Angaben? Falls ja, dann könnte ihre schonungslose Veröffentlichung dazu beitragen, den Flächenverbrauch zu verringern oder zumindest in einem anderen Licht erscheinen lassen.

  2. äth. sagt:

    Eben kein einträgliches Geschäft für die Städte und Gemeinden!

  3. Chr./Leh. sagt:

    Was brauchen wir Produktionsflächen für Nahrungsmittel?

    Die bringen doch nicht einen einzigen Cent in die kommunalen Kassen!

  4. -el- sagt:

    “Für diesen Öko-Ausgleich werden der Landwirtschaft weitere Flächen entzogen.“

    Fragen Sie doch mal in Bretten wegen den Ausgleichflächen für die über 20 ha abgeholzten Rüdtwald nach, Herr Kunz!

    Oder noch einfacher, sehen Sie mal unter http://www.ruedtwald.de nach.

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