Gefeilsche um Schutzengel-Figuren

MUSEUM / ANLAUFPROBLEME IN BRETTEN
Verkaufswilliger Sammler wirft Oberbürgermeister Metzger Wortbruch vor
In Bretten soll ein „Deutsches Schutzengelmuseum“ eingerichtet werden. Die Anfänge des „interkulturellen und interreligiösen Projekts“ stehen allerdings unter keinem besonders guten Stern. Ein Sammler wirft Oberbürgermeister Paul Metzger sogar Wortbruch vor.
„Engel und Heilige nicht nur zur Weihnachtszeit“ – so heißt die Ausstellung, die bis 4. Februar im Schweizer Hof in Bretten (Kreis Karlsruhe) zu sehen ist. Museumsleiter Peter Bahn hat 350 Exponate aus allen Kontinenten zusammengetragen, aus Oberbayern und Mexiko, aus dem Erzgebirge und aus Afrika, aus Finnland und Peru. Damit will sich die Stadt aber nicht begnügen. Oberbürgermeister Paul Metzger verfolgt ein ehrgeiziges Ziel. Er möchte in Bretten das „Deutsche Schutzengelmuseum“ einrichten, den Namen hat er vorsorglich markenrechtlich schützen lassen. Angestrebt wird eine Kooperation mit Christen, Juden, Buddhisten, Moslems, Hindus, eben allen Weltreligionen. „Ein Ramschladen wird es nicht werden“, betont Metzger.

Damit belege er ein Marketingthema, glaubt der Rathauschef, „das ist eine Attraktion.“ Engel würden weitaus mehr Besucher interessieren als die museale Darstellung der Geschichte Brettens. Doch so einfach, wie sich Metzger dies vorgestellt hat, lässt sich der Plan nicht verwirklichen. Ein Beschluss im Gemeinderat kam nicht zustande, der OB hatte die Vorlage nach kontroverser Diskussion zurückgezogen.

Jetzt versucht Metzger einen Alleingang ohne Gemeinderäte. Mit einer vom ihm angeführten Bürgerinitiative, die schon mehrere marode Gebäude saniert hat, will er doch noch zum Engelmuseum kommen. „Die Sache läuft über die BI.“ Damit muss sich der OB nicht mehr mit Kritikern herumschlagen, die nicht einsehen wollen, dass die Stadt 30 000 Euro für den Ankauf einer Sammlung ausgeben soll, während Geld für Krippenplätze und Schulsozialarbeit fehle.

Scharenweise Besucher
Bei der Sammlung handelt es sich um die in Dieter Friedrichs Schutzengelmuseum in Bad Wimpfen. 14 000 Besucher kommen jährlich in das Museum. Nach einem Schlaganfall will sich der Rentner von seinen Schätzen trennen. „Ich hänge an jedem Stück“, sagt der 70-jährige Friedrich über seine 580 Unikate aus der Zeit von 1870 bis 1920. Mit Bretten sei er bereits handelseinig gewesen, eigentlich habe er 40 000 Euro haben wollen, „aber bei 30 000 habe ich ja gesagt“. Er habe „dem Wort eines OB vertraut“.

An die Zusage will sich Metzger offensichtlich nicht mehr halten. Museumsleiter Bahn ließ Friedrich wissen, dass Bretten nicht die ganze Sammlung aus Wimpfen haben wolle. Er sei „gerne bereit, eine Reihe von noch näher zu bezeichnenden Teilen bis Mitte Januar zu kaufen“, schrieb Bahn. Inzwischen hätten sich nämlich „vielversprechende Kontakte und Angebote“ ergeben. „Die wollen mich in die Enge treiben“, zürnt Friedrich, der sich lieber einen anderen Abnehmer suchen möchte: „Es gibt auch Interessenten aus Norddeutschland.“ Wie groß das Interesse an seinem Museum ist, erlebt Friedrich gerade jetzt um Weihnachten, wenn sich Besucher scharenweise durch die engen Räume schieben.

Auch in Münchingen (Kreis Ludwigsburg) lockt die Ausstellung „Engel zwischen Himmel und Erde“ die Massen ins Heimatmuseum. „Wunderbar“ sei die Resonanz, sagt Volkskundlerin Annegret Knoll, die himmlische Wesen in menschenähnlicher Gestalt bis zum 27. Februar 2007 zeigt. „Das Thema Engel fasziniert die Leute besonders, weil sie denken, sie hätten alle einen eigenen Schutzengel“, begründet Knoll den Zulauf.
VON HANS GEORG FRANK

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14 Antworten zu Gefeilsche um Schutzengel-Figuren

  1. Hannelore Anthes sagt:

    Nur eine Frage. Könnte ich jetzt die Engel bei Ihnen oder irgendwoanders besichtigen?

  2. k-St. sagt:

    In Abwandlung zitiere ich einen Ausschnitt des Interviews von Herrn Trappatoni bei Bayern München.
    „Strunz! Strunz ist zwei Jahre hier, hat gespielt zehn Spiele, ist immer verletzt. WAS ERLAUBEN STRUNZ?

    „Gefeilsche um Schutzengel-Figuren“ – WAS ERLAUBEN METZGER?

  3. D.H. sagt:

    Herr Friedrich hat OB Metzger 10 000 Euro „Rabatt“ gewährt. Zum Dank dafür hat OB Metzger sein Wort gebrochen. Jetzt wissen wir auch, warum die Mitgliedsgemeinden reihenweise aus Paul Metzgers „Kraichgau-Stromberg-Tourismus“ ausgetreten sind.

  4. S.F. sagt:

    Beim Lesen der BAK-Seiten zur Einrichtung eines Schutzengelmuseums im hochverschuldeten Bretten, im Zusammenhang mit dem Anschlag der 95 Thesen durch OB Paul Metzger, fällt mir spontan der Begriff Größenwahn ein. Diese psychische Störung äußert sich in krankhafter Überschätzung und Überbewertung der eigenen Person, bis hin zu Vorstellungen, ein großer Staatsmann oder gar Gott zu sein.

  5. V.K. sagt:

    Dass man den Worten von OB Metzger nicht vertrauen kann, hat man jetzt außerhalb von Bretten bemerkt. Die Brettener Gemeinderäte hätten dies aber schon viel früher erkennen, und die richtigen Konsequenzen daraus ziehen müssen. Viele Fehlentscheidungen des Gemeinderates wären dann den Brettener Bürgern erspart geblieben!

  6. Z-/-A sagt:

    Wenn jemand wortbrüchig ist, ist er charakterlos.

  7. L.K. sagt:

    Ein Mann von Wort! Ein Mann – ein Wort! Ein Mann von Welt!
    Bretten weiß, was es an ihm hat.

  8. Th. sagt:

    Die Brettener Gemeinderatsmitglieder wurden wieder einmal klassisch ausmanövriert. Als Beobachter der kommunalen Brettener Szene frage ich mich, wann sie denn endlich aufwachen.

  9. N. /P. sagt:

    „Damit muss sich der OB nicht mehr mit Kritikern herumschlagen, die nicht einsehen wollen, dass die Stadt 30 000 Euro für den Ankauf einer Sammlung ausgeben soll, während Geld für Krippenplätze und Schulsozialarbeit fehle.“
    In Bretten mangelt es nicht nur daran. Es fehlt u.a. an Geld für ein Lehrerzimmer mit ausreichendem Platzangebot in der Max Planck Realschule – Schulträger Stadt Bretten.

  10. a-v sagt:

    Er habe „dem Wort eines OB vertraut“. Wie steht es mit der Glaubwürdigkeit des Repräsentanten der Großen Kreisstadt Bretten?

  11. k-St. sagt:

    Der obige Bericht bringt der Stadt Bretten und ihrer Verwaltungsspitze einen guten Ruf ein.

  12. f-h sagt:

    Nun weiß man auch schon etwas im Raum Bietigheim. Herr Paul Metzger wird über die Grenzen seines Herrschaftsbereiches bekannt.

  13. Bor. sagt:

    Er ist erneut entdeckt worden: Der faire Vertragspartner Metzger.

  14. mm sagt:

    Der Verhandlungspartner Metzger, wie er leibt und lebt !

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