Aussterben – wie geht das eigentlich?

Von Iris Baars-Werner
Roman Herzog denkt vor über 600 Delegierten des Städtetags über die Demografie nach
Wie geht das eigentlich: Aussterben?, fragte Alt-Bundespräsident Roman Herzog (CDU). Den hatte Städtetagspräsident Ivo Gönner (SPD) für die Tagung des baden-württembergischen Städtetages in der Heilbronner Harmonie um ein Grußwort über die Wechselwirkung von demografischem Wandel und Stadtentwicklung gebeten.

Herzog hielt sich vor den Vertretern von 179 Städten des Landes nicht lange mit Zahlen auf, ob Deutschland denn nun im Jahr 2050 zwölf oder 23 Millionen Menschen weniger hat. Der 72-Jährige fragte mit dem provozierenden Satz vom Aussterben danach, wie sich eine kleiner und älter werdende Gesellschaft künftig organisiert.

„Die Lebensarbeitszeit wird wachsen“, prophezeite er, schließlich könne, wer 95 Jahre alt werde, nicht schon mit 65 aufhören zu arbeiten. „Es wird weniger Konsumenten geben“, war sein zweiter Merksatz. Der dritte: „Es wird mehr Rentner geben, die zusätzlich Sozialhilfe brauchen.“

Am wichtigsten aber war Herzog dies: Die Städte und Gemeinden werden vor der Frage stehen, was tun mit „halb leeren Stadtvierteln und Wohnblocks“, was mit „Ghettos und Seniorenvierteln“? Ist eher die Alters-WG oder sind zwischen Generationen gemischte Wohnformen des Rätsels Lösung? Doch wie das Problem angehen, wo doch nach Herzogs Meinung eines offen angesprochen werden muss: „Deutschland ist auch deshalb so kinderfeindlich, weil viele Senioren keine Kinder mögen“?

Weniger mit Bauchgefühl, mehr mit Kopf-Argumenten trat Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) vor den Städtetag. Mit einer „fairen Partnerschaft“ wollen das Land Baden-Württemberg und seine Städte die Herausforderungen der Zukunft meistern. Nach den Vereinbarungen zwischen Landesregierung und Kommunen vergangene Woche bekräftigte Oettinger gestern die Eckpunkte: verlässliche finanzielle Beziehungen zwischen der Regierung und den Kommunen und ein größeres Mitspracherecht der Städte und Gemeinden an Landesgesetzen, die Kommunen (vor allem finanziell) betreffen.

Der Ministerpräsident war ebenso wie weitere Minister, der Landtagspräsident, die Spitzen aller Landtagsfraktionen, zahlreiche Abgeordnete und Regierungspräsidenten in die Heilbronner Harmonie gekommen. Die Anwesenheit so vieler Politiker hat ihren Grund: Die mehr als 600 Stadt-Repräsentanten vertreten gut 50 Prozent der Bevölkerung des Südweststaates. Kein Wunder, dass Günther Oettinger die Chance nutzte und seine Ziele zusammenfasste:

Gut gelaunt hatte der Heilbronner Oberbürgermeister Helmut Himmelsbach am Morgen die Gäste begrüßt und ihnen neueste Errungenschaften und beschlossene Planungen der Tagungsstadt vorgestellt: die „längste Stadtbahnlinie Deutschlands“ von Hohenlohe bis Baden-Baden, die private Heilbronn Business School, die Bundesgartenschau 2019, das Science Center im Hagenbucher und die Spendenfreudigkeit der Unicef-Kinderstadt.

Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :

Print Friendly, PDF & Email
Dieser Beitrag wurde unter Finanzen, Innenstadtentwicklung, Sonstiges abgelegt und mit , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

8 Antworten zu Aussterben – wie geht das eigentlich?

  1. a-v sagt:

    Der Brettener Schuldnerberater hätte im Brettener Gemeinderat nicht die geringste Chance, zum Erfolg zu kommen. Das Gremium ist mit seiner einfachen Mehrheit auch beratungsresistent, wenn es um die „eventuelle“ Notwendigkeit einer Aufnahme von neuen Krediten geht. Anders läßt sich die Höhe des Brettener Schuldenberges nicht erklären.

  2. Th. sagt:

    Wenn ich nicht mehr Geld ausgebe als ich zur Verfügung habe, dann habe ich keine Schulden. Bei den meisten Kommunen ist das anders. Sie haben Schulden, weil ihre Ausgaben höher sind als ihre Einnahmen. Fehlt den Kommunen Geld, dann nehmen sie Kredite auf oder beantragen Zuschüsse beim Land.

    Kann der private Schuldner nicht mehr zahlen, kann er zum Schuldnerberater gehen, der in Bretten seine Tätigkeit aufgenommen hat. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage an alle kreditbehafteten Kommunen im Land: Warum müssen diese nicht auch zum Schuldnerberater? Ach ja, weil sie nicht pleite gehen können.

    Der Brettener Schuldnerberater hätte es zur Schulden besitzenden Stadt Bretten nicht weit: Ist er doch ein Mitglied des Gemeinderates. Seine Dienste könnten in diesem Gremium nicht nur erforderlich, sondern auch von finanziellem Nutzen sein. Einen solchen Vorteil sollte sich der Brettener Gemeinderat nicht so ohne weiteres entgehen lassen.

  3. u/-d sagt:

    Eine Bemerkung zu den Kommentaren 2. sowie 4.: Nachtragshaushalte im Land und in Gemeinden sind aus der Finanzpolitik des Landes und von Gemeinden nicht wegzudenken! – Bravo.

  4. - zy - sagt:

    Zum 2. Kommentar ist folgendes zu ergänzen.
    Das Zuschußwesen in den öffentlichen Verwaltungen ist größtenteils überflüssig. Die „notleidenden“ Kommunen, die eben deshalb Zuschüsse beantragen und kriegen, haben nach Erhalt dieser und nach Abrechnung der Maßnahmen oft nicht die Eigenmittel zur Verfügung, die von ihnen selbst aufzubringen sind. Hierfür müssen sie sich danach durch Kreditaufnahme verschulden. Meistens haben jene dann aber bereits echte Prestige-Objekte in die Welt gesetzt, die sich später als total überflüssig herausgestellt haben.

  5. rt sagt:

    Der 3. Kommentar hat es in sich: Weniger Gehalt bei Fehlentscheidungen.
    Da müßten nicht wenige Bürgermeiser und andere Wahlbeamte auf Zeit finanziell so richtig abspecken. Der Landesrechnungshof und der kommunale Prüfungsverband können darüber viel berichten.
    Nicht nur im Bund- aufgelistet beim Bundesrechnungshof – auch im Land und in den Gemeinden von Baden-Württemberg wird Geld zum Fenster rausgeworfen. Überall läßt wiederum der Bund der Steuerzahler grüßen.

    Aber in ganz Baden-Württemberg will man mit dem neuen Steuerungsmodell diese finanziellen Miseren in den Griff bekommen. Wer bitte schön soll daran „glauben“? Eigentlich müßten es alle CDU-Mitglieder, weil sie dem „C“ in CDU verpflichtet sind.

  6. -rl- sagt:

    Glückwunsch an 2. M.L.
    Genau das ist es! Das beliebteste Spielzeug (Geld) den Politikern weg nehmen! Weniger Zuschüsse – mehr Verantwortung – und vor allem weniger Gehalt bei Fehlentscheidungen – wie im richtigen Leben.

  7. M.L. sagt:

    Vor allem was Finanzen betrifft will Ministerpräsident Oettinger den Kommunen ein größeres Mitspracherecht bei der Landesgesetzgebung einräumen. Im Klartext: Die Gemeinden sollen vom Land noch mehr Zuschüsse bekommen.
    Also künftig noch mehr Geld für Kommunen, die absolut nicht mit Geld umgehen können und deshalb ihre Verschuldung in astronomische Höhen getrieben haben?
    Dabei wäre es, im Rahmen einer „fairen Partnerschaft“ , so einfach den Landeshaushalt zu entlasten: Gemeinden mit hoher Verschuldung sollten weniger Zuschüsse erhalten.

  8. gho sagt:

    Alt-Bundespräsident Roman Herzog (CDU) stellte die berechtigte Frage
    was tun mit „halb leeren Stadtvierteln und Wohnblocks“ und „wie das Problem angehen ? “ .
    Hätte er gefragt, wer – trotz eindringlicher Warnungen von Experten – die Wohnungsleerstände von morgen entscheidend mitverursacht, hätte er von den Anwesenden gleich hundertfach die richtige Antwort bekommen: Es sind die Bürgermeister in unserem Land, die geradezu am Fließband und mittelfristig völlig am Bedarf vorbei, Neubaugebiete ausweisen. Die Gier nach dem „Kopfgeld“ für jeden Neubürger macht sie blind für Naturzerstörung durch Flächenverbrauch und für die finanziellen Belastungen, die den nächsten Generationen aufgebürdet werden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert