Wohnungsbaugesellschaft: Unverzichtbares Sorgenkind

Rote Zahlen, aber soziale Verpflichtung der Stadt
Von unserem Redaktionsmitglied Rudolf Baier
Bretten. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft ist ein Sorgenkind der Kommunalpolitiker und muss Jahr für Jahr aus dem städtischen Haushalt unterstützt werden. Andererseits ist diese Tochtergesellschaft der Stadt eine unverzichtbare Institution der sozialen Daseinsfürsorge vieler Bewohner Brettens. Darüber waren sich die Mitglieder des Gemeinderats einig, als in ihrer jüngsten Sitzung der Jahresabschluss 2005 der Wohnungsbaugesellschaft vorgelegt und auch gleich noch eine Erhöhung des Stammkapitals um 2,2 Millionen auf 4,7 Millionen Euro beschlossen wurde. Dies geschieht durch die Übereignung einer Reihe von städtischen Grundstücken, für die die Gesellschaft bisher Erbbaupacht zahlte.

Dabei hat die Gesellschaft im vergangenen Jahr sogar schwarze Zahlen geschrieben – aber nur, weil sie Wohnungen und Häuser aus ihrem Bestand verkauft hat. Doch trotz des Jahresüberschusses von 835 294 Euro blieb Ende 2005 ein Bilanzverlust von fast 1,49 Millionen Euro. Betrachtet man nur die Vermietungen, hat die Wohnungsbaugesellschaft ein Minus von 147 000 Euro erwirtschaftet. Trotz des eigentlich guten Ergebnisses 2005 und der bereits in den letzten Jahren begonnenen Konsolidierungsphase ist die Finanzlage der Gesellschaft weiterhin sehr angespannt – insbesondere durch die laufenden Kosten für Kredite. Die Tilgungen überschreiten die Abschreibungen.
Zum Jahresende 2005 besaß die Gesellschaft 475 Wohnungen mit knapp 30 400 Quadratmetern Wohnfläche, dazu noch 373 Garagen und Stellplätze. Auch das Obdachlosenwohnheim mit 19 Wohneinheiten gehört zu ihr. Durchschnittlich 4,07 Euro pro Quadratmeter betrug die monatliche Miete.

Für Instandhaltung und Modernisierung gab die Wohnungsbaugesellschaft im vergangenen Jahr 507 000 Euro aus. Doch ein beträchtlicher teil des Wohnungsbestands befindet sich in desolatem Zustand – knapp 20 so sehr, dass sie trotz vorhandener Nachfrage nicht vermietet werden können, wie Bürgermeister Willi Leonhardt im Gemeinderat erklärte.
Der Verkauf weiterer Wohnungen wäre eine Möglichkeit, Geld für Modernisierungen einzunehmen. Doch dies ist nicht ohne weiteres möglich, wie mehrere Redner in der Gemeinderatssitzung deutlich machten. Frank Altenstetter (FWV/LUB) forderte dazu auf, beim Verkauf von Bestandswohnungen auch die soziale Verpflichtung der Stadt im Auge zu behalten. Gerfried Dörr (SPD) appellierte, nicht zu vergessen, dass viele betagte Mieter „weder willens noch in der Lage sind, diese Wohnungen zu kaufen“.

Harald Müller (Grüne) forderte auf, den beschrittenen Weg der Konsolidierung weiterzugehen und die Eigenkapitalquote zu verbessern, deren geringe Höhe auch Manfred Groß (CDU) bemängelte. Karin Gillardon (FDP/VBU) schlug vor, die Stadt solle ermitteln, wie viele Wohnungen tatsächlich für die soziale Daseinsvorsorge erforderlich sind und wie viele vermarktet werden können

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27 Antworten zu Wohnungsbaugesellschaft: Unverzichtbares Sorgenkind

  1. -wilh. sagt:

    „Wohnungsbaugesellschaft: Unverzichtbares Sorgenkind“

    Eine Firma als Sorgenkind zu bezeichnen, dazu gehört meines Erachtens nicht nur sprachlich schon eine ganze Menge.

  2. g-d sagt:

    Auch die Brettener Kommunalbau GmbH und die USQ Bretten gehören nicht zu den unverzichtbaren Sorgenkindern, weil sie – wie die Städtische Wohnungsbaugesellschaft – total entbehrlich sind.

  3. diet.-Schw. sagt:

    Im 20. Kommentar vom 11. Juni 2007 habe ich den Jahresabschluss 2006 genannt.
    Frage: Wann wird dieser endlich veröffentlicht?
    Denn auch ich als Steuerzahler bin um das „unverzichtbare Sorgenkind“ bemüht!

  4. fc sagt:

    Ein Leserbrief u.a. zur Wohnungsbau GmbH – aus DM-Zeiten:
    http://www.solidaritaet.com/neuesol/2001/11/leser.htm#G1

  5. -Irmg.- sagt:

    Denk ich an die Brettener Wohnungsbau in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht!

    Eine echte Handlungsmaxime für alle Brettener Stadträte. Aber nur, wenn sie es auch wirklich ernst nehmen würden.

  6. H/M sagt:

    Sollten sie sich deswegen Kopfschmerzen machen, könnten sie sich zu einem Ratskollegen in ärztliche Behandlung begeben.

  7. ernst./K. sagt:

    Die Mitglieder des Brettener Gemeinderats haben wegen der defizitären Wohnungsbaugesellschaft sicherlich keine schlaflosen Nächte.

  8. diet.-Schw. sagt:

    Der Jahresabschluss 2006 wirft seine Schatten voraus.
    Oder sehe ich vorab Gespenster?

  9. ulf. sagt:

    „Unverzichtbares Sorgenkind“

    Von wegen. Der Brettener Gemeinderat läßt den Karren laufen.

  10. l-rd sagt:

    Herr Metzger als Kämpfer gegen die Bürokratie im eigenen Haus kann ab sofort alles daran setzen, eine Satzungsänderung bei all seinen GmbH´s herbeizuführen. Seine Aufsichtsräte sind fakultativ und völlig freiwillig als Organe der Gesellschaften installiert. Für ihr Bestehen gibt es keine Vorschrift, sondern eine solche besteht erst ab einer gewissen Arbeitnehmeranzahl, die von keiner städtischen GmbH in Bretten erreicht wird.
    In diesenm Sinne: Herr Metzger, Ärmel hochkrempeln und sämtliche Aufsichtsräte abschaffen. Das ist ein weiterer Erfolg im Kampf gegen die Bürokratie in der eigenen Verwaltung.

  11. ch.u. sagt:

    Ich frage mich, wie Jahr für Jahr den Verantwortlichen dieses Verlust- Unternehmens – der Geschäftsführung und dem Aufsichtsrat – volle Entlastung durch die Gesellschafterversammlung erteilt werden kann.
    Der Geschäftsführer ist städtischer Angestellter. Der Aufsichtsrat besteht aus Gemeinderäten. Alle Gemeinderäte bilden die Gesellschafterversammlung. Ich konnte meine Frage selbst beantworten.

  12. dr sagt:

    „Die städtische Wohnungsbaugesellschaft muss Jahr für Jahr aus dem städtischen Haushalt unterstützt werden.“ Damit ist die Frage nach ihrer Zweckmäßigkeit beantwortet.

    Die übergeordnete Behörde – das Regierungspräsidium Karlsruhe – prüft die Zweckmäßigkeit nicht, sondern nur die Gesetzmäßigkeit. Diese ist seit Bestehen der Gesellschaft vorhanden.

    Es liegt auch kein Verstoß gegen das GmbH-Gesetz vor. So befindet sich alles in bester Ordnung. Warum, weil es bekannterweise die Brettener Steuerzahler sind, die dieses defizitäre Unternehmen unterstützen – wie steht es so schön geschrieben: aus dem städtischen Haushalt unterstützt – (siehe Zitat im ersten Satz). Schon viel zu lange – ohne irgendeine Aussicht auf Besserung!

  13. -rl- sagt:

    Wenn man sich alles so ansieht, muss man die Frage stellen, ob es auch noch GmbH Gesetzte gibt und übergeordnete Behörden die das überwachen.

  14. n-Or sagt:

    Weiter so! Das ist das Kredo des Beschlußorgans. Mit der angeblichen sozialen Verpflichtung der Stadt dürfen weiterhin Verluste eingefahren werden. Hier wird Geld mit vollen Händen ausgegeben, was man sowieso nicht hat. Aber man hat ja unbegrenzte Kreditwürdigkeit. Also auf weitere verlustreiche Jahre zum Wohle der Brettener Steuerzahler. Und die soziale Verpflichtung der Stadt gebietet das.

  15. ak sagt:

    Aus den Wortmeldungen einiger weniger Redner heraus glaubt der Leser in einer anderen Welt zu sein. Alle Redner schäumen in der Tat so von immenser Sachkunde über. Er erhält den besten Eindruck, von unzweifelhaften Kennern in der Sache informiert worden zu sein.
    Der halbwegs kritische Leser kann mit den allgemeinen Aussagen nichts anfangen. Sie lassen ihm noch nicht einmal eine halbwegs gescheite Beurteilung über die zukünftige Zweckmäßigkeit „des unverzichtbaren Sorgenkindes“ zu.

  16. S. sagt:

    Zum fünften Kommentar: Umwandlung hin zur Gemeinnützigkeit.
    Der immense Vorteil für alle Beteiligten: Ein privatwirtschaftliches Gewinnstreben steht nicht im Vordergrund! All das paßt dann besser zu dem ersten Satz des Berichts: „Rote Zahlen, aber soziale Verpflichtung der Stadt“. Mit dieser Rechtfertigung kann weiter (ver-)ge-wirtschaftet werden.

  17. wf sagt:

    Man erwartet als Bürger und Steuerzahler von seiner Stadtverwaltung und dem Gemeinderat, daß sie bei der Berichterstattung über den Jahresabschluß einer Tochtergesellschaft der Stadt Transparenz in Form von Daten und Fakten herausgeben.
    Was oben herauskommt ist ein Sammelsurium von Mosaikstückchen, aus denen sich keiner etwas zu einem Mosaik zusammensetzen kann. Die abgedruckten verbalen Stellungnahmen geben persönliche Meinungen wieder, die fachlich wenig fundiert sind. Niemand fragt nach den Verantwortungen eines Geschäftsführers sowie des Aufsichtsrates. Die Gesellschafterversammlung ist der Gemeinderat, und der hat ja Entlastung erteilt. So ist alles in Butter, sprich in bester Ordnung.

  18. dr sagt:

    Ich habe den obigen Zeitungsartikel und die bisherigen Kommentare gelesen.

    Ich vertrete mit meinem halbwegs normalen Menschenverstand die Meinung, dass die Zweckmäßigkeit dieser hundertprozentigen Beteiligung der Stadt Bretten zu hinterfragen ist. Ich beziehe diese Meinung auf die jahrelangen Verlustübernahmen durch die Stadt. Die Brettener Bevölkerung wird damit weit über ein erträgliches Maß hinaus belastet.

  19. Lud. sagt:

    „Die Finanzlage der Gesellschaft ist weiterhin sehr angespannt – insbesondere durch die laufenden Kosten für Kredite.“
    Diese Verlautbarung ist so schön nichtssagend. Frage: Wie hoch sind denn die laufenden Kosten und die bestehenden Kredite? Mit ehrlichen Informationen dazu können sie die Brettener Steuerzahler so richtig begeistern. Denn sie tragen die jahrelangen Verluste und die laufenden Zins- und Tilgungslasten mit. Fazit: Mit fremdem Geld läßt sich halt gut wirtschaften.

  20. ghg sagt:

    Der 2. und 7. Kommentar müssen ergänzt werden.
    Eine sehr interessante Größe ist die Fremdkapitalquote. Die wird auch Verschuldungsgrad genannt. Sie ist das Verhältnis vom Fremdkapital zum Gesamtkapital und zeigt die Verschuldung.
    Das wäre als Beispiel gleichbedeutend eine wichtige Größe, auf welche die Gemeinderäte Müller und Groß im Klartext hätten aufmerksam machen sollen. Der Blick nur auf die zu geringe Eigenkapitalquote war nicht ausreichend, wenn man die Fremdkapitalquote unter den Tisch fallen läßt.

  21. b.z. sagt:

    Zum 2. Kommentar oberhalb.
    Die Höhe des Stammkapitals wird im Zeitungsartikel angegeben. Über die Höhe des Eigenkapitals wird nichts ausgesagt. Nur dessen Verhältnis zum Gesamtkapital, also die zu geringe Eigenkapitalquote, wird von zwei Stadträten bemängelt.
    Wenn man die Höhe des Eigenkapitals und dessen Quote kennt, dann kann man sich die Höhe des Gesamtkapitals, selbst ausrechnen.
    Der interessierte Leser sieht relativ unwichtige Zahlen im Bericht. Worauf es eigentlich an wichtigen Zahlen – auch in einem öffentlichen Unternehmen – ankommt, darauf bezieht sich der Bericht nur sehr dürftig. Es werden dem Leser aussagefähige Bilanzgrößen einfach vorenthalten. – Vielen Dank!

  22. a-v sagt:

    Es wird über einen Bilanzverlust von fast 1,49 Millionen Euro berichtet.

    Gleichzeitig wird eine Erhöhung des Stammkapitals um 2,2 Millionen Euro auf 4,7 Millionen Euro durch Übereignung von städtischen Grundstücken beschlossen.

    Das Stammkapital vor der Erhöhung betrug 2,5 Millionen Euro. Einem Unternehmen mit den Zahlen des Zeitungsberichts genügt ein Stammkapital von 2,5 Millionen Euro.

    Der Bericht gibt leider keine Antwort auf die wichtige Frage, warum die völlig ausreichende Stammkapitalausstattung erweitert wurde.

  23. OS-T sagt:

    Vorschlag: Die Wohnungsbaugesellschaft wird in eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH) umgewandelt.
    Dann könnte sie Spenden einnehmen und Spendenquittungen ausstellen. Die Spender hätten etwas davon. Sie könnten ihre Spende steuerlich geltend machen. Vielen wäre geholfen.
    Weitere entstehende Verluste könnten mit einer großzügigen Spende der Stadt Bretten ausgeglichen werden.

  24. si/z sagt:

    Unterstellt, dass alle städtischen Wohnungsbaugesellschaften so wirtschaften wie die Brettener und als unverzichtbares Sorgenkind bezeichnet werden, würden wir der „sozialen Verpflichtung“ keinen Gefallen tun. Auch unter dieser Bezeichnung dürfen die Unternehmen keine sozialen „Verluste“ hervorbringen, die mit dem Begriff der sozialen Verpflichtung verniedlicht werden.
    Die städtische Wohnungsbaugesellschaft muss Jahr für Jahr aus dem städtischen Haushalt unterstützt werden. Dieser Satz beschreibt die volle finanzielle Misere. Die Finanzlage der Gesellschaft ist sehr angespannt. Dieser Satz ist eine höfliche Umschreibung der Lage, in der sich das Unternehmen weiterhin mit nicht der geringsten Aussicht auf Verbesserung befindet.

  25. ch.u. sagt:

    „Doch einn beträchtlicher Teil des Wohnungsbestands befindet sich in desolatem Zustand – knapp 20 so sehr, dass sie trotz vorhandener Nachfrage nicht vermietet werden können.“ – Nach Bürgermeister Willi Leonhardt.
    Bei einem Bestand von 475 Wohnungen sind dies 4,21 Prozent an Unvermietbarkeit trotz vorhandener Nachfrage. Das kann das Unternehmen leicht schultern, weil es ja durch Beschluß der städtischen Gesellschafterversammlung (Gemeinderat) genauso locker den Verlust von 1,49 Millionen Euro wegstecken kann.
    Die abermals schlechten veröffentlichten Zahlen erübrigen die Notwendigkeit dieses Unternehmens in städtischer Beteiligung. Es ist den Brettener Steuerzahlern nicht länger zuzumuten, die jahrelangen Verluste zu tragen. Das Unternehmen hat als städtische Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Form der hundertprozentigen Beteiligung der Stadt keine Zukunft.

  26. Rd sagt:

    Wie hoch ist denn die Eigenkapitalquote der städtischen Wohnungsbaugesellschaft, die von den Gemeinderäten Groß und Müller bemängelt wurde? Mit der Bezeichnung „geringe Höhe“ kann ich als Leser nichts anfangen.

  27. A/P sagt:

    Was darf man nicht alles lesen! Es wird mit der Begründung einer „sozialen Daseinsfürsorge“ ein absolut seit vielen Jahren marodes städtisches Unternehmen künstlich am Leben erhalten.
    Es gibt keine soziale Daseinsfürsorge seitens der Stadt, sondern eine „öffentliche Daseinsvorsorge“.
    Diese kann einen Bilanzverlust von fast 1,49 Millionen Euro nicht rechtfertigen, den die Brettener Steuerzahler auszugleichen haben. Ob ein derartiges schuldenbehaftetes städtisches Unternehmen noch zweckmäßig ist, muß nicht mehr überlegt werden.

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