Im Buch der Zahlen stecken neun Monate Arbeit

Aus 33 Einzel-Etats wird der Standish Haushaltsplan

Von unseen Mitarbeiter Michael Hölle

Bretten. Ach, was warren das fur schöne Zeiten für die städtischen Kämmerer in den 70er und 80er Jahren. Hier noch ein Sträßchen gebaut, dort noch eine Turnhalle hingestellt. Warum sich auch Gedanken machen: Die Ausgaben stiegen zwar noch schneller als die durchaus sprudelnden Einnahmen, aber Schulden machen galt fast schon als schick und modern.

Heute dagegen regiert die blanke Geldnot und das Prinzip Hoffnung. „Die Hoffnung auf steigende Einnahmen ist Teil des Haushalts 2005″, lautet die nüchterne Einschätzung von Bürgermeister und Kämmerer Willi Leon-hardt. Der bisherige Etatentwurf 2005 sieht ein Defizit von rund 1,8 Millionen Euro vor.

Aber halt: Bevor jetzt die kommunalen Finanzminister als die bösen Buben abgestempelt werden, sei gesagt: Sie können am wenigsten dafür. „Nur über einen Bruchteil des Etats können wir wirklich selbst entscheiden“, erklärt Leonhardt. Über den großen Rest bestimmen Bund, Land und Gemeinderat. Kindergärten oder Sozialleistungen: Berlin entscheidet, Bretten bezahlt. Bei der Kultur und im Bauamt ist der städtische Spielraum größer, im Ressort Erziehung und Soziales praktisch nicht vorhanden.

Und wie entsteht aus den zahlreichen gesetzlichen und politischen Vorgaben ein „Gesamtkunstwerk?“ „Neun Monate Arbeit stecken dahinter“, so Leonhardt. Wobei jetzt die heiße Phase für den städtischen Haushalt 2005 anläuft. Aus den 33 Einzeletats der Ämter wird einer gestrickt. Eine Aufgabe, die bis Mitte Januar beendet sein muss. Dann schlägt die Stunde der Politik. Die Volksvertreter haben 4as letzte Wort, stimmen den VerwaltungsvorscSägen zu, nehmen Veränderungen vor. Auf jeden Fall beschließen sie den Haushalt im März.

Doch zurück zu den Anfängen. Die Kämmerei ermittelt als ersten Schritt, mit welchen Einnahmen zu rechnen ist. „Grundlage hierfür ist die Mai-Steuerschätzung“, berichtet Haushaltsexperte Wolf gang Pux. Davon werden die erwarteten Ausgaben, etwa Personalkosten, Umlagen für alle möglichen Finanzausgleichstöpfe und Darlehenszinsen abgezogen.

Dieser „Rohentwurf“ geht in den Gemeinderat, der dabei über Hebesätze und Gebühren debattiert – und letztlich im so genannten Eck-werte-Beschluss festlegt, wie viel Geld der Verwaltung zur Verfügung steht. „Welches Amt wieviel bekommt, entscheidet die Kämmerei“, erläutert Leonhardt. Und das sei auch gut so, fügt er an. Ein Prinzip, das erst seit den 90er Jahren gilt.

Vorher, erinnert er sich, sei die Ausgabendisziplin nicht sonderlich ausgeprägt gewesen. „Nach der Umstellung war es für viele ernüchternd zu sehen, wofür sie alles Geld ausgegeben haben“, berichtet er. Denn mit der Reform ging die Finanz- und Sachverantwortüng auf die Ämter über. Sprich: Jedes Amt entscheidet selbst, welchen Betrag für welche Aufgabe ausgegeben werden soll, .für Leonhardt steht der Erfolg des Systemwechsels außer Frage-Abzulesen sei er daran, dass mehr als ein Drittel der Ämter am Ende des Jahres noch Geld übrig habe. Und nur zwei bis drei Ämter schrieben rote Zahlen.

Für beide Seiten bleibt das nicht ohne Konsequenzen: Den Spendablen wird das Defizit vom Budget des folgenden Jahres abgezogen, die Sparsamen bekommen die Hälfte des Überschusses gut geschrieben.

Auf jeden Fall scheinen die Brettener Haushälter die Grundrechenarten zu beherrschen:Im Gegensatz zu vielen anderen Kommunen ist nämlich in Bretten bisher nicht irgendwann im Laufe des Jahres das Geld ausgegangen. „Nachtragshausnalt“ war in Jahren ein Fremdwort.

Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :

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Eine Antwort zu Im Buch der Zahlen stecken neun Monate Arbeit

  1. F. Cizerle sagt:

    Der schwarze Peter für den Gemeinderat!

    Nicht die kommunalen Finanzminister (wie bitte?) entscheiden über die Verschuldung einer Kommune sondern der Bund, das Land und der Gemeinderat.

    Die Bürgerschaft wurde vor der Gemeinderatswahl mit einem gelben Plakat vom BAK auf den finanziellen Zustand hingewiesen und auf die Chance, durch die richtige Wahl, etwas zu verändern. Trotzdem sind die Mehrheiten geblieben.
    Jetzt können sich die Bürger bei ihrem gewählten Vertreter für die
    Verschuldung bedanken. Deutlicher und mutiger wird es kaum noch jemand sagen können, dass der Gemeinderat die alleinige Schuld hat – wie oben beschrieben. Interessant wird nur noch die Frage sein, wer solche Entwürfe und Vorschläge gemacht und zur Abstimmung vorgelegt hat? Wurde möglicherweise der GR über die Endergebnisse getäuscht? Das wäre für die gewählten Beamten sehr peinlich und mit
    ungeahnten Konsequenzen verbunden.

    Zwischenzeitlich wurde selbst der gesamte Gemeinderat vom BAK, mit einem offenen Brief vom 28.10.2004 gebeten, die städtischen Finanzen durch die Gemeindeprüfungsanstalt prüfen zu lassen, um anschließend entsprechende Entscheidungen treffen zu können. Die Presse, obwohl informiert, hat dazu geschwiegen. Es kann keiner mehr behaupten, er hätte vorher das alles nicht gewusst.

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