Von Daumenschrauben und Schafott

BRETTEN.In jedem Ort gab es einen Pranger, um Unrecht öffentlich zu bestrafen. Sünder wurden von der Zunft und der Familie verstoßen, erhielten keine Arbeit mehr, wurden gebrandmarkt und aus der Stadt verwiesen“, erinnerte Dirk Steinhilper im Brettener Museum Schweizer Hof an längst vergangene Zeiten. Gerichtsbarkeit und Strafrecht im späten Mittelalter standen im Mittelpunkt eines Themennachmittags im Rahmen der Ausstellung „Anno 1504 – Der Landshuter Erbfolgekrieg in Südwestdeutschland“.

Dirk Steinhilper, bekannt als Mitglied der Gruppe „Scharfrichter und Gefolge“ beim alljährlichen Brettener Peter-und-Paul-Fest, nutzte die Gelegenheit, um mit zahlreichen Interessierten eine Zeitreise zu unternehmen. Dazu hatte der Scharfrichter-Darsteller eine Auswahl an furchteinflößenden Werkzeugen mitgebracht, die zum Herstellen von Recht und Ordnung dienlich waren.

„Eigentlich gab es zur damaligen Zeit keine Ehebrecher, nur ein paar Dumme, die sich erwischen ließen“, sagte Steinhilper über das im Mittelalter herrschende Recht des Mannes auf seine Frau. Wurde allerdings eine Ehefrau mit einem unverheirateten Barden erwischt, hatte das germanische Strafrecht einiges zu bieten. Schon eine „Spanische Kralle“ sollte Schrecken einflößen und als erste öffentliche Mahnung genügen. Zeigten sich jedoch die Sünder nicht gelehrig, drohte ein Halseisen mit Glöckchen, das Handeisen oder sogar die „Schandmaske“. Mit dem grässlichen Metallgebilde auf dem Kopf wurden die Verurteilten über den Marktplatz gezerrt und die Bürger konnten mit ihnen tun, was der Demütigung diente.

„Im norddeutschen Raum dagegen wurde misshandelt und verstümmelt“, so Dirk Steinhilper zu regionalen Unterschieden bei der Bestrafung. Daumenschrauben, „Spanische Stiefel“ oder die „Eiserne Jungfrau“ hatten alle die gleiche Wirkung: Schweres Eisen drang durch die Haut tief in das Fleisch ein und muss für höllische Schmerzen gesorgt haben. Hart war der Arm des Gesetzes aber auch gegen Vergewaltiger. Opfer, erzählte der in der mittelalterlichen schwarz-roten Henkers-Kluft gekleidete Steinhilper, “ erschienen mit offenen Haaren und wehendem Rock vor Gericht, ihr Vergewaltiger wurde in eine Grube gelegt und die Misshandelte durfte als erste den Holzpfahl in dessen Herz treiben.“ Für kleinere Vergehen wurden Hals und Hände in eine hölzerne „Schandgeige“ eingezwängt. Auch hier geriet der anschließende Gang durch die Bürgerschaft zu einer Erniedrigung der schmerzhaften Art. Einem Dieb wurden die Finger abgeschnitten, bei Wiederholungstätern musste die ganze Hand herhalten. Der Galgen blieb den schändlichsten Taten vorbehalten, andere Hinrichtungsarten galten demgegenüber nicht so schmachvoll. „Aber auch auf dem Weg zum Schafott mussten die Sünden lautstark zugegeben und bereut werden“, gab der „Scharfrichter“ den vielen Schaulustigen mit auf den Heimweg.
Michael Block

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