Schwieriger Anlauf in der Uni ohne Campus

Das Zentrum der australischen Universität in Bretten hofft auf steigende Studentenzahlen

Bretten. Seit etwas mehr als zwei Jahren ist das badische Bretten Hochschulstadt: Im Oktober 1999 wurde die Stadt mit ihren 26 000 Einwohnern offizieller Sitz des Europäischen Zentrums der australischen University of Southern Queensland (USQ). Von hier aus wollten die Australier zunächst Deutschland und dann den Rest des Kontinents für sich erobern.
Doch die Europa-Filiale tut sich schwerer als zunächst erwartet: Gerade mal 83 Studenten sind im laufenden Semester eingeschrieben. Rund 250 müssten es sein, damit die Uni kostendeckend arbeiten kann.

„Wir sind aber dennoch zufrieden, wir müssen auf dem Markt ja erst bekannt werden“, sagt Geschäftsführer Martin Steinbüchel. Schwarze Zahlen erwartet die USQ, deren Anlaufphase millionenschwer von der Stadt Bretten unterstützt wird, erst für das Jahr 2004.
„Noch ist es für viele in Deutschland ungewohnt, dass ein Studium Geld kostet“, versucht Steinbüchel weitere Gründe für die Startschwierigkeiten zu finden. Ganz billig ist das Angebot der Australier nicht: Rund 28 000 Mark kostet ein Bachelor-Studium, etwa 17 000 Mark werden für einen Master fällig. „Im Vergleich zu englischen oder amerikanischen Unis ist das recht günstig“, versichert der USQ-Mann.

Dass die USQ dazu bereits auf dem richtigen Weg ist, davon ist Steinbüchel überzeugt, der Woche für Woche zahlreiche Anfragen von potentiellen Studenten aus ganz Europa beantwortet. In den vergangenen Monaten konnte er zudem mit zahlreichen Fachhochschulen und anderen Bildungsträgern, die keine postgraduierten Studiengänge anbieten, eine Zusammenarbeit vereinbaren.
Auch dies deutet die USQ als Zeichen dafür, dass ihr Angebot stimmt. „Unsere Abschlüsse sind international anerkannt, und den Kandidaten werden Vorkenntnisse und bereits anderweitig erworben Leistungsnachweise angerechnet. Wenn sich bei uns ein Buchhalter einschreibt, muss der ja nicht noch einen Kurs zu den Grundlagen der Kostenrechnung belegen“, erklärt der USQ-Geschäftsführer das Konzept. Zudem wird bei den Australiern das Examen semesterweise erworben – wer brav alle Scheine gesammelt hat, hat auch das Abschlusszeugnis in Händen.

Noch ist das bei keinem der Brettener Studenten der Fall. Doch schon in diesem Jahr werden wohl die ersten drei Brettener Studenten ihre alma mater verlassen. Die kennen sie auch nach zweieinhalb Studienjahren nicht von innen: Die USQ ist eine Fernuniversität, ein Campusbetrieb in Bretten ist nicht geplant.
In den Kraichgau kommen die Studenten, die vorwiegend bereits berufstätig sind, lediglich zu ihren Prüfungen. Und selbst die legen nicht alle im Europazentrum ab: Insgesamt 17 Klausuren werden zum Semesterende in den kommenden Tagen in Bretten geschrieben, 40 weitere in Österreich, Schweden, Frankreich und der Schweiz.

Wo auch immer die Kandidaten antreten – die Prüfungsorte sind von der Uni geprüft, denn Schummeln ist nicht drin. Dabei könnten gerade damit die Australier Geld verdienen: „Wir haben immer wieder Anfragen, was bei uns ein Doktor oder ein anderer Abschluss kostet“, erzählt der USQ-Geschäftsführer. Doch dafür ist die Uni nicht zu haben, die eigenen Angaben zufolge 1999 von der Unesco zur besten Fern-Uni der Welt gekürt wurde.

Immerhin 14 000 Fernstudenten aus 50 Ländern sind bei den Australiern eingeschrieben. Vorwiegend handelt es sich dabei um Berufstätige, die sich neben der Arbeit weiterbilden wollen. Rund 6 000 studieren zudem auf dem australischen Campus in Toowoomba. Dort können die Studenten dann auch Fächer wie Chemie oder Psychologie belegen, die sich für das Fernstudium sonst weniger eignen. „Eigentlich bieten wir sonst außer Theologie, Medizin und Jura alles an“, erklärt der Geschäftsführer des Europazentrums. Besonders beliebt sind derzeit Wirtschafts- und Pflegewissenschaft und der Bereich der Faculty of Arts, der von Informatik über Journalismus bis hin zur Kunstgeschichte reicht.

Tina Kampf

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Eine Antwort zu Schwieriger Anlauf in der Uni ohne Campus

  1. K-DV sagt:

    „Rund 250 müssten es sein, damit die Uni kostendeckend arbeiten kann.“

    Wenn der Geschäftsführer der USQ Bretten heute, fast sechs Jahre später, die Zahl von 200 Studenten zu erreichen sucht, dann frage ich mich, ob diese Brettener Einrichtung (für Brettener Bürger?) – mit mindestens 50 Studenten weniger als nötig – kostendeckend arbeiten kann, zumal auch die Zahl der Förderer nach Bekunden des Fördervereins abgenommen hat.

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