Leserbrief : Bretten fehlt die Struktur einer Universitätsstadt

Mit der Ansiedlung des Europazentrums – der University of Southern Queensland (Australien) in Bretten beschäftigt sich ein
Leser in seiner Zuschrift:

Nun also auch Bretten! Privatuniversitäten überall. Vor einigen Wochen war es in Bruchsal soweit gewesen, dort konnten sage und schreibe 15 Studenten das direkt in die Führungsetage führende Studium aufnehmen. Jetzt hat die Melanchthonstadt im Kraichgau nachgezogen. Damit würde sich OB Metzger endgültig unsterblich machen, hatte er doch seine Wiederwahl auf Lebenszeit mit dem Bau der (unumstrittenen) Stadtbahn nach Karlsruhe erreicht.

Bruchsals OB Doll erkannte die Zeichen der Zeit zuerst und holte eine „International University“ nach Bruchsal. Es scheint, als seien privat finanzierte Universitäten nicht abhängig von Kapazitäten, Räumen und Geld, sondern zunächst einmal vom Grad der Profilierungssucht eines Oberbürgermeisters. Hinzu kommt noch, daß Betten das haben will, was Bruchsal schon hat und umgekehrt (siehe Stadtbahn und-eben Privatuni). Wenn manche Kommunalpolitiker ehrlicher zu sich selbst wären, würden sie feststellen: In beide Städte gehören einfach keine Unis. Was hat Bruchsal wirklich an attraktiver Infrastruktur anzubieten, welche unter anderem eine Universitätsstadt ausmacht. Ein paar Kneipen? Ein Kino? ‚Ein Sportzentrum? Ein Schloß? Die Stadtbahn? Zwei bedeutende Industrieunternehmen? Ja, das alles. Aber nicht wirklich etwas, das Universitätsstadtflair verbreiten könnte.

Was hat Bretten wirklich an attraktiver Infrastruktur anzubieten? Ein paar Kneipen? Ein Kino? Eine historische Altstadt? Das Peter-und-Paul-Fest? Die Stadtbahn? Ja, das alles. Aber nicht wirklich etwas, das Universitätsstadtflair verbreiten könnte.
Warum also brauchen diese beiden „Provinzmetropolen“ unbedingt eine Universität, die noch dazu viel Geld verschlingt und noch verschlingen wird. Der Hinweis, es zahle ja zum Großteil das Land Baden-Württemberg, hinkt, weil dieses Geld doch genauso dringend benötigt wird für andere Dinge und nicht extra für die Privatuni gedruckt worden ist.

Begreifbar für „normale“ Bürger ist das irgendwie nicht mehr, warum Bretten auch eine Uni braucht. Arbeitsplätze entstehen mit Sicherheit für die Verwaltung, aber doch nicht in einer Anzahl, die eine stichhaltige Begründung liefern könnte. Das Angebot der (zunächst Fern-)Uni soll laut Presseveröffentlichungen von Geschichte bis Chemie alles beinhalten. Ist das Sinn einer kleinen Privatuni? Sollte sie nicht eher für ein differenziertes Angebot stehen, mit der Möglichkeit einer auf ein bestimmtes Spezialgebiet ausgerichteten Ausbildung?

Betonen sollte man aber auch, daß Bretten einfach nur schnell reagiert hat. Als das Angebot für eine Privatuni aus Stuttgart kam, war Metzger einfach am schnellsten. Denn die zentrale Rolle in der Privatunihysterie spielt das zuständige Ministerium in Stuttgart, das eindeutig die Privatuni bevorzugt. Denn im Moment sollen manche Institute an herkömmlichen Unis in einem brachialen Rundumschlag teilweise einfach „kleinreformiert“ oder so unter Druck gesetzt werden, daß sie so gut wie keinen Handlungsspielraum mehr haben.

Marcus Dischinger
Eschbachstraße 11
Kraichtal-Landshausen

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4 Antworten zu Leserbrief : Bretten fehlt die Struktur einer Universitätsstadt

  1. Un sagt:

    @ Chr.Z. am 11. Dezember, 2008

    Und hat den vom Brettener Gemeinderat und dessen Vorsitzenden angerichteten finanziellen Schaden durch die USQ Bretten irgendeiner bezahlt?

  2. Chr.Z. sagt:

    Der Traum einer Universitätsstadt Bretten wurde glücklicherweise ausgeträumt! 🙂

  3. mm sagt:

    Bretten fehlt nicht nur die Struktur einer Universitätsstadt, sondern auch das Niveau. Seit es die USQ in Bretten gibt, kann ich aber auch keinen, irgendwie gearteten Einfluss, auf dieses (geistige?) Niveau feststellen. Provinzielles Denken und Handeln herrscht weiter vor, nur der Oberbürgermeister wird sein Ego mit einem, teuer bezahlten, Doktorhut schmücken!

  4. -rl- sagt:

    „Arbeitsplätze entstehen mit Sicherheit für die Verwaltung, aber doch nicht in einer Anzahl, die eine stichhaltige Begründung liefern könnte.“

    Wie weitsichtig!
    Die Personalkosten sind bis zum Jahr 2005 auf 87 TEURO gesunken. Das reicht gerade mal für 2-3 Arbeitsplätze – je nach Qualifikation.
    Und der Mietzuschuß von der Stadt wird immer noch gewährt.

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